Meischberger: "Ganz klar eine politisch motivierte Verfolgung von Grasser"

Meischberger sieht sich von der Anklage „quantitativ zugeschüttet“ – dies wegen „fehlender Beweise.“
Meischberger sieht sich von der Anklage „quantitativ zugeschüttet“ – dies wegen „fehlender Beweise.“(c) Clemens Fabry
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Während die Korruptionsstaatsanwaltschaft auf etwaige Einsprüche gegen ihre Anklageschrift wartet, spricht Walter Meischberger von „politischer Verfolgung“.

Wien. Die Buwog-Anklageschrift, verfasst von den Oberstaatsanwälten Gerald Denk und Alexander Marchart, ist wahrlich ein Werk von epischer Breite. Auf 825 Seiten (allein das in sehr kleiner Schrift gedruckte Inhaltsverzeichnis hat 13Seiten) wird dargelegt, warum Karl-Heinz Grasser, sein, wie es heißt, (einst) „bester Freund“ Walter Meischberger und 14 andere Personen wegen Untreue und anderer Delikte zu bestrafen seien.

Und noch ehe die dringend erwarteten, bisher aber noch nicht eingegangenen Einsprüche gegen die Anklage auf dem Tisch liegen, geht als Erster Meischberger zum Gegenangriff über. Für ihn geht es – so wie für alle anderen Beschuldigten – um viel: Die von der Anklage erhobenen Vorwürfe sind mit bis zu zehn Jahren Gefängnis bedroht.

Das seit langen sieben Jahren laufende Strafverfahren – es geht um die Affären Buwog-Privatisierung und Terminal Tower – sei „ganz klar eine politisch motivierte Verfolgung von Karl-Heinz Grasser“; dafür werde „das Strafrecht missbraucht“ – dies meint Meischberger, vormals FPÖ-Generalsekretär, später Lobbyist bzw. strategischer Berater „und im Jahr 2005 Grassers Trauzeuge“ (Zitat Anklage), im „Presse“-Gespräch.

Die WKStA lässt kein gutes Haar an Meischberger, führt ihn gleich hinter Grasser als Zweitangeklagten. Schon im Vorfeld stand Meischberger längere Zeit intensiv im Fadenkreuz der Ermittler. Allein von ihm wurden 5000Telefonate abgehört. Davon wurden tausend abgedruckt. Fünf Hausdurchsuchungen wurden bei ihm vorgenommen. Ehe endlich – aus Meischbergers Sicht der negative Höhepunkt – die Anklage vorlag. Dort heißt es nun, Meischberger habe „zu der [. . .] Untreue von Mag. Karl-Heinz Grasser beigetragen, indem er im Zeitraum von zumindest September 2001 bis 1. 11. 2007“ Grasser und anderen Beschuldigten zugesagt habe, einen gemeinsamen „Tatplan“ umzusetzen.

Was in den schier unsäglichen Schachtelsätzen der Anklage – so mancher einzelne Satz erstreckt sich über mehrere Seiten – zum Ausdruck gebracht werden soll, ist leicht erklärt: Grasser und Co. (außer Meischberger auch Lobbyist Peter Hochegger und Immobilienmakler Ernst Plech) sollen bei Privatisierungen „mitgeschnitten“ haben. Meischbergers Rolle in Sachen Buwog laut Anklage: Er sollte mit Hochegger und Plech den Kaufinteressenten, also dem Immofinanz-Konsortium, „die entsprechenden Forderungen“ von Grasser überbringen.

Meischberger und die anderen sollten „sich [. . .] um die Abwicklung der [. . .] aufzuteilenden Zahlungen sowie um die Schaffung der Strukturen und Unternehmensgeflechte zur Verschleierung der Zahlungen kümmern“. Meischberger im Speziellen soll „den für die Tatbegehung notwendigen psychischen Rückhalt geboten“ haben.

Der Rest ist bekannt: Der Buwog-Deal brachte Meischberger und Co. rund zehn Millionen Euro Provision von der Immofinanz. Grasser soll einen Teil davon bekommen haben, was dieser seit jeher entschieden bestreitet. Ebenso wird von allen Beteiligten in Abrede gestellt, dass der Deal einen Untreueschaden zum Nachteil der Republik verursacht habe.

Attacken auf den Weisungsrat

Dass nun der dreiköpfige Weisungsrat des Justizressorts der Anklage zugestimmt hat, stört Meischberger ganz massiv. Denn der Vorsitzende des Rats, Generalprokurator Werner Pleischl, sei „ein in der Wolle gefärbter Roter“. Im Übrigen habe sich dieser bei Prüfung der Anklage in einem Interessenkonflikt befunden. Denn Pleischl sei früher, während einer Phase der Buwog-Ermittlungen, der Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien gewesen.

Seitens des Weisungsrats wird indes immer wieder betont, man arbeite unabhängig und lasse sich nichts dreinreden. Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) selbst hat versprochen, den Empfehlungen des Rats stets zu folgen.

Noch einmal zurück zu den dringend erwarteten Einsprüchen gegen die Anklageschrift. Diese Rechtsbehelfe können in der Regel einen Prozess nicht verhindern, zwingen aber das Oberlandesgericht Wien (OLG) die Anklageschrift zu kontrollieren. Selbst bei glatter Abweisung von Einsprüchen könnte es Monate dauern, ehe das OLG diese Kontrolltätigkeit erledigt hat. Erst danach kann das zuständige Gericht damit beginnen, sich in den monströsen Akt einzulesen. Insofern darf mit einem Beginn des Prozesses im Frühjahr oder Sommer 2017 gerechnet werden. 16 Jahre nach Beginn des Tatzeitraums.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.07.2016)

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