Der ungleiche Kampf gegen die Giganten der Online-Buchung

(c) APA/BARBARA GINDL
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Österreichs Hoteliers feiern das baldige Ende der Bestpreisklausel. Die Angst vor der Übermacht der Online-Reisebüros bleibt aber.

Wien. Leise, still und heimlich stimmte der Ministerrat kurz vor der Sommerpause einem Herzensanliegen der österreichischen Hoteliers zu: Spätestens Ende des Jahres soll es den Buchungsplattformen nicht mehr erlaubt sein, ihren Partnerhotels die Preise auf deren hauseigenen Websites zu diktieren.

Die Branche lief lang gegen diese Bestpreisklausel Sturm, drohte mehrmals mit dem Gang vor das Kartellgericht. Das wirkte. Jetzt ist die Gesetzesnovelle auf dem Weg. Die rechtliche Gegenoffensive der Plattformen wird laut Markus Gratzer, dem Generalsekretär der Hoteliervereinigung, aber nicht lang auf sich warten lassen.

75 Prozent sind Kleinstbetriebe

Das Ringen mit den Online-Reisebüros klingt in der Version der heimischen Hotellerie nach dem biblischen Kampf Davids gegen Goliath. 75 Prozent der 200.000 europäischen Hotels sind Kleinstbetriebe mit weniger als zehn Angestellten. Ihnen stehen mit Priceline, Expedia und HRS drei Online-Vertriebspartner gegenüber, die in Europa einen Marktanteil von knapp 92 Prozent haben. Allen voran die US-amerikanische Priceline-Gruppe, bekannt für ihre Tochter Booking.com: Sie hat 62,9 Prozent Marktanteil. In Österreich sind es sogar 65,5 Prozent. Das zeigt eine aktuelle Studie des Schweizer Tourismusforschers Roland Schegg im Auftrag der Hotrec, dem europäischen Gaststättendachverband.

Die Studie zeigt auch: Der Plafond ist nicht erreicht. Der Anteil der Online-Buchungen stieg von 2013 bis 2015 um drei auf 22 Prozent. Hingegen fielen die direkten Hotelbuchungen um vier auf 55 Prozent. Schegg, der den Schweizer Online-Tourismus seit 15 Jahren beobachtet, spricht nicht von Revolution, sondern Evolution.
„Direktbuchungen sind eine Sache der Stammkunden über sechzig, das löst sich bei uns jetzt auf.“ Die kommenden Generationen wollten immer spontaner und möglichst zum besten Preis buchen. Der Wandel werde die Bedeutung von Online-Buchungsportalen noch steigern.

Doch auch unter den Internet-Reisebüros weht ein rauer Wind. Das habe laut Gratzer nicht zuletzt die Insolvenz der Fluege.de-Mutter Unister vergangene Woche gezeigt.
Hotrec-Chefin Susanne Kraus-Winkler spricht von einem Duopol der Buchungsplattformen. Denn auch der drittplatzierte deutsche Anbieter HRS verliert kontinuierlich an Marktmacht. „Big is beautiful“, formuliert es Schegg – regionale Konkurrenz wie Unister und HRS kommen gegen die internationalen Großkaliber oft nicht mehr an.

Wenn selbst HRS kämpft, wie steht es dann um den klassischen Familienbetrieb in Österreich? Hierzulande stieg der Anteil der online getätigten Buchungen seit 2013 um sechs auf 22 Prozent an. Es gebe herausragende Betriebe, die nach Fallen der Bestpreisklausel in der Lage seien, die unterschiedlichen Vertriebskanäle strategisch optimal zu nützen, meint Gratzer. „Aber es gibt auch viele, die dem keine Parole bieten können.“

Internet-Nachhilfe für Hotels

Sigfried Egger, Obmann des Fachverbands Hotellerie in der Wirtschaftskammer, sieht Nachholbedarf. Er kann sich vorstellen, ein in Tirol laufendes Projekt, bei dem die Tourismusverbände die Kleinen beim Internetauftritt unterstützen, auf ganz Österreich auszudehnen.

Eine andere Strategie, um vom mächtigen Vertriebspartner nicht in Geiselhaft genommen zu werden, ist ein neues Bündnis. Suchmaschinenbetreiber Google könnte sich dafür anbieten. Er hat bereits Vertriebsmodelle parat, die ohne Zwischenschaltung von Booking und Co. auf die Hotelseiten verlinken. Metasuchmaschinen wie Googles Hotel Ads, mit denen man die Portale umgehen kann, verlangten aber zum Teil noch höhere Kommissionen, gibt Kraus-Winkler von der Hotrec zu bedenken. „Google ist ein Kanal, mit dem ich spielen kann“, sagt Gratzer vorsichtig. „Aber ich traue mich nicht zu sagen, ob Google der bessere Partner ist.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.07.2016)

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