Mittels DNA-Spuren wurde nun auch der zweite Terrorist des Angriffs auf eine Kirche bei Rouen identifiziert. Der 19-Jährige hatte versucht, nach Syrien zu gelangen.
Paris. Abdel Malik Petitjean war kein Unbekannter. Der 19-jährige Franzose, der gemeinsam mit seinem Komplizen Adel Kermiche am Montag kaltblütig einen 86-jährigen Priester in einer Kirche nahe Rouen die Kehle durchgeschnitten hat, war seit Längerem im Visier der Anti-Terror-Behörden: Erst Ende Juni war er in eine Kartei für besonders sicherheitsgefährdende Personen aufgenommen worden.
Die Identität des in Lothringen geborenen Jugendlichen wurde am Donnerstag per DNA-Vergleich nachgewiesen. Sein Personalausweis war zuvor im Haus seines Komplizen, Adel Kermiche, gefunden worden. Petitjean, der zuletzt in Aix-les-Bains mit seiner Mutter lebte, war zwar nicht vorbestraft. Allerdings war über ihn eine „Akte S“ (Staatssicherheit) angelegt worden. Über diese Akten werden meist radikalisierte Personen unter Beobachtung gestellt, da sie möglicherweise „in Aktion“ treten könnten. Petitjean hatte Mitte Juni versucht, über die Türkei nach Syrien einzureisen. Die türkischen Behörden hatten ihn nach Frankreich zurückgeschickt.
Doch es gab offenbar auch weitere Hinweise darauf, dass der 19-Jährige eine Bluttat plante: Ein „befreundeter Geheimdienst“ habe vergangenen Freitag Frankreichs Sicherheitsdienste darüber informiert, dass „ein Mann einen Anschlag auf französischem Territorium plant“, berichten französische Medien. Petitjean sei namentlich nicht genannt worden, allerdings sei sein Foto der Mitteilung beigefügt gewesen.
„Er ist ein guter Franzose. Er ist sanft, ich kennen meinen Buben“, sagte seine verzweifelte Mutter. Petitjeans Komplize Kermiche war bereits zuvor identifiziert worden. Auch er war den Behörden bekannt gewesen, hatte einige Zeit in Untersuchungshaft verbracht und war dann freigelassen worden. Allerdings trug er eine elektronische Fußfessel, was ihn aber nicht an der Tat hinderte. Kermiche hatte mehrmals versucht, nach Syrien zu gelangen.
Dass beide Attentäter dermaßen deutlich dem Terrorprofil entsprachen und eigentlich überwacht hätten werden sollen, bringt die Regierung massiv unter Druck. Die oppositionellen Konservativen forderten den Rücktritt von Premier Manuel Valls und Innenminister Bernard Cazeneuve. Partei-Vize Laurent Wauquiez forderte erneut, potenzielle Jihadisten zu internieren. In Frankreich befinden sich geschätzte 10.000 IS-Anhänger.
Nationalgarde gegen Jihadisten
Staatschef François Hollande setzt auf eine andere Maßnahme: Gestern kündigte er die Gründung einer Nationalgarde an, um „die Franzosen zu beschützen“. Ob nur Reservisten des Militärs oder auch der Polizei darin dienen sollen, blieb unklar. Gedenkmärsche für die Opfer des Terrors wurden aus Sicherheitsgründen verboten: Ein für Sonntag geplanter Marsch in Nizza wurde wegen „der starken Belastung der Sicherheitskräfte“ nicht genehmigt. (ag./basta.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.07.2016)