Hillary Clinton, eiserne Lady

In Hillary Clintons Rede konnte sich jeder wiederfinden.
In Hillary Clintons Rede konnte sich jeder wiederfinden. (c) APA/AFP/PATRICK T. FALLON (PATRICK T. FALLON)
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Hillary Clinton präsentierte zum Abschluss des demokratischen Parteitreffens in Philadelphia eine politische Agenda, in der sich fast jeder Amerikaner erkennen kann, soferne er das will.

Alle Punkte hat sie gewissenhaft in ihrer Rede untergebracht, von der Lohngleichheit für Frauen und Männer über eine leistbare Krankenversicherung für alle bis zum Kampf gegen den Treibhauseffekt: Hillary Clinton präsentierte zum Abschluss des demokratischen Parteitreffens in Philadelphia eine politische Agenda, in der sich fast jeder Amerikaner erkennen kann, soferne er das will.

Da war die Verneigung vor dem linken Parteiflügel ("Wall Street, Konzerne und die Superreichen werden ihren fairen Anteil an den Steuern zu zahlen beginnen") ebenso wie der pragmatische Appell für eine Verschärfung des Rechts auf Waffenbesitz ("Ich bin nicht hier, um Ihnen Ihre Waffen wegzunehmen. Ich will bloß nicht, dass Sie von jemandem erschossen werden, der niemals an eine Waffe hätte kommen sollen."). Und auch der wohl wichtigste Grund für die Politikverdrossenheit vieler Amerikaner beiderseits der ideologischen Wasserscheide ist Clinton nicht entgangen: "Ich glaube, dass unsere Volkswirtschaft nicht so funktioniert, wie sie das sollte, weil unsere Demokratie nicht so funktioniert, wie sie das sollte. Darum müssen wir Höchstrichter ernennen, die das Geld aus der Politik schaffen und den Zugang zum Wahlrecht erweitern, statt ihn zu verengen."

Tumps wunder Punkt

Doch am stärksten war Clinton dort, wo sie Donald Trumps Eignung für das Präsidentenamt in Frage stellte: "Stellen Sie sich ihn im Oval Office während einer echten Krise vor. Einem Mann, den man schon mit einem Tweet aufziehen kann, kann man nicht die Atomwaffen anvertrauen." Die Flut an zornigen Meldungen, die Trump sofort darauf über Twitter in die Welt schoss, legten den Schluss nahe, dass Clinton einen ziemlich wunden Punkt im Ego ihres republikanischen Gegners getroffen hatte.

Vor allem aber räumte dieser vierte und letzte Tag des Parteitreffens den Vorwurf aus der Welt, Clinton und die Demokraten drückten sich um die Sicherheitspolitik und den Kampf gegen den islamistischen Terrorismus. Da marschierten drei Dutzend Veteranen und Veteraninnen der Streitkräfte auf der Bühne auf, angeführt von John Allen, dem parteiübergreifend angesehenen früheren Kommandeur der internationalen Truppen in Afghanistan. "An unsere Feinde: Wir werden Euch verfolgen, wie es nur Amerika kann. Ihr werdet uns fürchten. Und an ISIS und andere: Wir werden Euch besiegen", donnerte der General der Marines unter begeisterten "USA"-Rufen in die Halle, die auch dem Übertönen der Protestslogans der verbliebenen Anhänger von Clintons Vorwahlgegner Bernie Sanders dienten. "Unsere Streitkräfte werden kein Werkzeug der Folter werden oder andere Verbrechen begehen", versprach Allen und rief zur Wahl Clintons auf: "Wir vertrauen ihrem Urteil, wir glauben an ihre Vision eines vereinten Amerikas, ihre Vision von Amerika als gerechtem und starkem Führer gegen die Kräfte des Hasses, des Chaos und der Finsternis. Sie wird genau die Oberbefehlshaberin sein, den Amerika braucht."

Und da war Khizr Khan, ein aus Pakistan eingewanderter Jurist, dessen Sohn Humayun im Jahr 2004 im Irak als Hauptmann der US-Army sein Leben für seine Kameraden opferte, als er sich auf einen Selbstmordattentäter stürzte. "Ginge es nach Donald Trump, wäre mein Sohn nie in Amerika gewesen. Ich frage Sie: Haben Sie die Verfassung gelesen?", richtete sich Khan rhetorisch an Trump und zog ein Büchlein aus seiner Sakkotasche. "Ich borge Ihnen gerne mein Exemplar. Sie haben nichts und niemanden geopfert. Waren Sie schon einmal auf dem Friedhof in Arlington, bei den Gräbern all der Helden?"

Harte Botschaft im Kampf gegen den Terrorismus

Charismatische Unterstützer wie Allen und Khan flankierten Clintons harte Botschaft in der Frage, wie der Terrorismus des Islamischen Staates zu bekämpfen sei. "Wir werden ihre Rückzugsorte aus der Luft treffen, und lokale Kräfte unterstützen, die sie auf dem Boden auslöschen. Wir werden unsere geheimdienstliche Aufklärung verstärken, damit wir Angriffe entdecken und sie verhindern können, ehe sie passieren. Wir werden im Internet ihre Bemühungen zum Erliegen bringen, junge Menschen in unserem Land zu radikalisieren. Das wird nicht einfach oder schnell gehen, aber seien Sie sich gewiss - wir werden obsiegen."

Diese Wahl wird, wie jede, in der Mitte der Gesellschaft gewonnen werden. Dort ist viel Verunsicherung angesichts der schier unaufhaltsamen Welle an Terroranschlägen. Donald Trump hofft, dieses Thema mit seinen Versprechen von Grenzmauern und Einreiseverboten für Menschen aus "allen Ländern, die von Terror betroffen sind", monopolisieren zu können. Am Abend, an dem sie ihre Nominierung zur Präsidentschaftskandidatin annahm, hat Clinton ihm ein klares Bild entgegengesetzt: jenes der eisernen Lady, die mit allen Mitteln der Staatskunst vertraut ist und keine Scheu hat, Amerikas Feinde mit der vollen Härte der größten Streitmacht der Welt zu treffen.

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