Die Polizei erwartet bis zu 30.000 Teilnehmer, darunter türkische Regierungsmitglieder. Nun wird erwogen die Veranstaltung abzusagen. Erdogans AKP schäumt.
Die geplante Großkundgebung von Anhängern des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan in Köln wächst sich zu einem politischen Konflikt mit der Türkei aus. Der deutsch-türkische AKP-Abgeordnete Mustafa Yeneroglu warf Behörden und Politikern am Freitag vor, "das für jede Demokratie elementare Grundrecht auf Versammlungsfreiheit mit Repressalien zu torpedieren".
Zu der Demonstration nach dem Putschversuch in der Türkei werden am Sonntag in Köln bis zu 30.000 Teilnehmer erwartet. Die deutsche Polizei prüft die Sicherheitslage neu und schließt ein Verbot der Großkundgebungn icht aus.
Seitens der Türkei wird nun Kritik an Deutschland geübt. "Plötzlich springen Lieferanten ab, Dienstleister stornieren fest gebuchte Verträge. Das wirft kein gutes Licht auf das derzeitige Demokratieverständnis in Deutschland", kritisierte der Abgeordnete Yeneroglu. So hätten Busunternehmen oder WC-Verleiher abgesagt. "Andere Anbieter sprechen von Druck von höheren Stellen." Yeneroglu fügte hinzu: "Es ist unerklärlich, warum man sich ausgerechnet von einem friedlichen Gedenken an die Niederschlagung eines blutigen Putschversuches in der Türkei hier nun gestört fühlt."
Der Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses sagte, die ablehnende Haltung sende "ein fatales Signal" an die türkischstämmige Bevölkerung in Deutschland. "Es ist noch in bester Erinnerung, wie Politik und Öffentlichkeit sich an Pro-PKK-Märschen quer durch Köln mit teilweise 30.000 Teilnehmern nicht gestört haben." Gemeint ist die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK, die in der Türkei, aber auch in der EU auf der Liste der Terrororganisationen steht.
In Köln wird angesichts der Teilnahme türkischer Regierungsmitglieder an der Demo die Sicherheitslage neu bewertet. Kölns Polizeipräsident Jürgen Mathies forderte die Veranstalter der türkischen Kundgebung auf, eine Rednerliste vorzulegen. Der überwiegende Teil der erwarteten Kundgebungsteilnehmer dürfte sich nach Einschätzung der Polizei "nationaltürkisch" und der türkischen Regierung nahestehend empfinden. "Wir gehen von stark emotionalisierten Teilnehmern aus", sagte Mathies.
Im Vorfeld untersagte der Polizeipräsident dem Veranstalter zunächst die Verwendung einer Videowand, auf der Redebeiträge aus der Türkei gezeigt werden sollten. Angesichts der erwarteten emotionsgeladenen Stimmung sei deren Wirkung auf die Kundgebungsteilnehmer nicht kalkulierbar, betonte Mathies. Das Verwaltungsgericht Köln entschied am Freitagnachmittag, dass die Videowand genutzt werden darf - allerdings nur zur Übertragung der Reden vor Ort.