Die Pariser Staatsanwaltschaft wirft dem 30-Jährigen die Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung vor.
Der Cousin eines der islamistischen Angreifer aus einer französischen Kirche hat nach Angaben der Ermittler von einer bevorstehenden Gewalttat seines Verwandten gewusst. Die Pariser Staatsanwaltschaft beantragte am Sonntag Untersuchungshaft für den 30-Jährigen, wie die Behörde mitteilte. Sie wirft ihm Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung vor.
Der Mann habe nach dem derzeitigen Ermittlungsstand Kenntnis vom Vorhaben seines Cousins Abdel-Malik Petitjean zu einer unmittelbar bevorstehenden Gewalttat gehabt. Der in Nancy geborene 30-Jährige sollte im Laufe des Sonntags einem Ermittlungsrichter vorgeführt werden, um über die Eröffnung eines Anklageverfahrens zu entscheiden.
Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor auch ein offizielles Ermittlungsverfahren zu dem Anschlag am vergangenen Dienstag eröffnet. Petitjean und sein Komplize Adel Kermiche hatten in einer Kirche in der Normandie Geiseln genommen und den 85 Jahre alten Priester ermordet, die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) beanspruchte die Tat für sich.
Interreligiöses Gedenken in Frankreich
Fünf Tage nach dieser Schreckenstat haben knapp 2000 Christen und Muslime an der Gedenkfeier in der Kathedrale von Rouen teilgenommen. Rund hundert Muslime folgten am Sonntag dem Aufruf des Französischen Rats der Muslime (CFCM), aus "Solidarität und Mitgefühl" zu dem Trauergottesdienst für Jacques Hamel zu kommen.
Am Eingang der Kathedrale sicherten Soldaten und Polizisten die Ankunft der Gottesdienstteilnehmer, doch gab es keine Personenkontrollen. Bereits am Samstag hatte es Gedenkfeiern für Hamel gegeben. In einer Kirche von Saint-Etienne-de-Rouvray, wo der Mord geschehen war, nahmen Christen und Muslime an einer Trauerfeier teil. Auch in Bordeaux versammelten sich 400 Menschen in einer Kirche.
"Marsch der Brüderlichkeit"
In Lyon beteiligten sich Hunderte Menschen an einem "Marsch der Brüderlichkeit". Auf Spruchbändern war zu lesen: "Das ist kein Krieg der Religionen" oder "Wir sind alle Brüder und Schwestern". Politiker hatten nach dem Mord in der Kirche die verschiedenen Religionsgemeinden aufgerufen, sich nicht von der Gewalttat spalten zu lassen, da dies nur den Mördern in die Hände spielen würde.
Der 85-jährige Hamel war am Dienstag während der Morgenmesse von zwei 19-jährigen Islamisten ermordet worden. Die beiden jungen Männer Adel Kermiche und Abdel Malik Petitjean hatten die Kirche gestürmt, Hamel die Kehle durchgeschnitten und einen 86-jährigen Gottesdienstbesucher schwer verletzt. Sie nahmen drei Frauen als Geiseln. Die beiden Täter wurden später aber beim Verlassen der Kirche von der Polizei erschossen.
Cousin von Attentäter kannte Pläne
Indes teilten die Ermittler auch mit, dass ein 17-Jähriger, der 2015 mit Kermiche versucht hatte, nach Syrien zu reisen, im schweizerischen Genf festgenommen und an Frankreich überstellt wude. Ein 16-Jähriger, bei dem Propagandamaterial der Jihadisten gefunden worden war, wurde unterdessen aus dem Gewahrsam entlassen. Sein Bruder war mit Kermiche bekannt und war 2015 in das syrisch-irakische Konfliktgebiet gereist.
Auch ein syrischer Flüchtling, der in einem Asylbewerberheim in Zentralfrankreich festgenommen worden war, kam wieder frei, wie es am Sonntag aus Justizkreisen hieß. Eine Kopie seines Passes war in der Wohnung von Kermiche gefunden worden.
Pakt mit dem Islam
Premierminister Manuel Valls schrieb im "Journal du Dimanche", der Islam habe "seinen Platz in der Republik gefunden". Nun müsse dringend "ein echter Pakt" mit der zweitgrößten Konfessionsgemeinde in Frankreich geschlossen werden. Die Finanzierung der Moscheen aus dem Ausland müsse verringert werden, während im Inland Möglichkeiten geschaffen werden müssten, die Mittel zu diesem Zweck zu erhöhen.
Rund 40 Vertreter der muslimischen Gemeinde äußerten sich in einem weiteren Beitrag für die Sonntagszeitung besorgt über die "Machtlosigkeit der aktuellen Organisationen des Islam in Frankreich", die keinerlei Einfluss auf die Ereignisse hätten.
(APA/AFP/dpa)