Urumqui: Polizei löst Demonstrationen mit Tränengas auf

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Tausende wütende Han-Chinesen demonstrierten auch am Freitag in der Hautpstadt der Uiguren-Provinz Xinjiang gegen die ihrer Meinung nach mangelnde Sicherheit. Die Polizei hat ein Demonstrationsverbot erlassen.

Nach Protesten von mehreren Zehntausend Han-Chinesen in Urumqi, Hauptstadt der Uiguren-Region Xinjiang hat die Polizei am Freitag ein Kundgebungsverbot erlassen. Gegen die Demonstranten wurde von den Sicherheitskräften Tränengas eingesetzt, wie die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua berichtete. Dutzende Menschen wurden laut Augenzeugenberichten festgenommen. Mit Straßensperren wurde die Innenstadt von Urumqi abgeriegelt. Der KP-Chef von Xinjiang, Wang Lequan, forderte die Massen zu Ruhe und Zurückhaltung auf.

Unmittelbarer Auslöser der Unruhen war eine mysteriöse Serie von Angriffen mit Spritzen. Die Gesundheitsbehörde von Xinjiang teilte mit, dass in den vergangenen zwei Wochen 476 Menschen vermeintliche Spritzenattacken gemeldet hätten. Nach Informationen des Regionalfernsehens hätten Ärzte in 89 Fällen "deutliche Spritzeneinstiche" konstatiert. Die Han-Chinesen machten Uiguren für die Angriffsserie verantwortlich. Augenzeugen berichteten, dass Angehörige der muslimischen Minorität zusammengeschlagen worden seien. Zwei neue Nadel-Attacken am Freitag fachten die Proteste weiter an. Die Sorge vor HIV-Infektionen löst offenbar eine Massenpanik aus. Die Region hat besonders viele Aids-Fälle aufzuweisen.

Staatschef: "Ethnischen Separatismus bekämpfen"

Chinas Staats- und Parteichef Hu Jintao hatte jüngst bei einem Besuch in Xinjiang betont, die Stabilität und nationale Einheit müssten gewahrt und der "ethnische Separatismus" bekämpft werden. Militante uigurische Gruppen kämpfen im Untergrund für einen unabhängigen Staat "Ostturkestan", wie er in den 1940er-Jahren kurzzeitig existiert hatte. Die rund acht Millionen Uiguren, ein Turkvolk, sind Muslime. Auch Kasachen, Mongolen, Tadschiken und Kirgisen gehören zu dem Völkergemisch in dem Wüstengebiet an der historischen Seidenstraße. Peking hat die Ansiedlung von Han-Chinesen in großem Maßstab vorangetrieben.

Ihren Ausgang hatten die schweren Unruhen in Xinjiang nach Demonstrationen gegen den Tod von uigurischen Fabrikarbeitern bei einer Auseinandersetzung mit Han-Chinesen in Shaoguan Ende Juni genommen. Der zunächst friedlich verlaufene Protest schlug Anfang Juli in Gewalt um, als die Polizei die Protestversammlungen auflöste. Auch Han-Chinesen gingen auf die Straße und griffen Uiguren an. Die Gesamtzahl der Toten bei den Juli-Unruhen hatten die chinesischen Behörden mit 197 angegeben. Rund 1700 Menschen wurden demnach verletzt, mehr als 200 Festgenommene vor Gericht gestellt werden.

Xinjiang

Xinjiang (chinesisch: "Neue Grenze") wurde im 18. Jahrhundert von den Mandschu-Kaisern erobert und erst 1884 dem chinesischen Reich staatsrechtlich einverleibt. Die Region ist für Peking von großer strategischer Bedeutung und reich an Bodenschätzen. 1955 wurde von den Kommunisten die "Autonome Region Xinjiang" errichtet. In Lop Nor entstand Chinas Atomtestgelände. Seit mehr als eineinhalb Jahrzehnten erstarken panislamische und irredentistische Strömungen, wie die kommunistischen Behörden offen zugeben.

(APA)

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