Mrd.-Verlust bei Kommunalkredit: Was wusste Schmied?

Claudia Schmied
Claudia Schmied(c) APA (Helmut Fohringer)
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Unterrichtsministerin Schmied holt die Vergangenheit bei der Kommunalkredit ein. Anlass ist ein Deloitte-Gutachten. Verluste sollen vor der Bilanz versteckt worden sein. Die Opposition verlangt Aufklärung.

Wien (höll). Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) gerät von der Opposition wegen des Debakels bei der Kommunalkredit unter Beschuss: Das mit Spannung erwartete Gutachten des Wirtschaftsprüfers Deloitte erhebt schwere Vorwürfe gegen das frühere Führungsteam der Bank. Schmied hat vor ihrem Regierungseintritt von 2004 bis Ende 2006 im Vorstand der Kommunalkredit gearbeitet.

Laut Deloitte hat das auf Gemeindefinanzierungen spezialisierte Institut schon im Jahr 2003 damit begonnen, überdurchschnittlich hohe Risken einzugehen. Das Management soll in komplexe Finanzgeschäfte - dabei handelt es sich meist um Kreditderivate - investiert gewesen sein. „Die Größenordnung und die Art dieser Geschäfte entsprechen zunehmend nicht der Ausrichtung der Kommunalkredit als Kommunalfinanzierer", heißt es in dem Gutachten. Die umstrittenen Transaktionen hatten „spekulativen Charakter". Sie wurden teilweise über die Niederlassung in Zypern abgewickelt. Die Ministerin saß im Aufsichtsrat der Zypern-Tochter. Bis zu ihrem Wechsel in die Politik wurden die riskanten Investments auf sieben Mrd. Euro ausgebaut.

Verluste wurden ausgelagert

In dem Prüfbericht heißt es laut „Format", dass die Lage der Kommunalkredit Mitte 2007 existenzbedrohend gewesen sei. Denn die Kreditderivate hätten zu Verlusten geführt. Sie wurden von der Bilanz ausgelagert. Der Aufsichtsrat sei darüber in wesentlichen Punkten nicht informiert worden.

Im Zuge der Finanzkrise flog das Debakel auf. Die Kommunalkredit - eine Tochter der Volksbanken - wurde im Herbst 2008 mit der Verstaatlichung von der Pleite gerettet. Die Volksbanken gaben ihren Anteil für einen Euro ab.

Im Vorjahr erwirtschaftete die Kommunalkredit einen Verlust von 2,6 Mrd. Euro. Der Staat musste Haftungen von 1,2 Mrd. Euro übernehmen. Nicht nur die Opposition, sondern auch die Volkspartei hinterfragt daher die Rolle von Schmied. ÖVP-Rechnungshofsprecher Hermann Gahl ist dafür, den gesamten früheren Kommunalkredit-Vorstand, also auch Schmied, im Rechnungshofausschuss zu befragen. „Ich erwarte von Schmied klare Worte zu den von ihr mit zu verantworteten Milliarden-Spekulationen", so Gahl. Ähnlich argumentiert der Vize-Klubchef der Grünen, Werner Kogler: „In der Amtszeit von Schmied hat sich das Volumen der risikoreichen Derivativgeschäfte verfünffacht."

Für SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Laura Rudas entbehren die Anschuldigungen jeglicher Grundlage. Denn das Gutachten zeige, dass die Probleme in der Kommunalkredit erst nach dem Ausscheiden von Schmied passiert seien Schmieds Sprecher sagte zur „Presse": „Wir kennen das Gutachten nicht". Während der Vorstandstätigkeit von Schmied sei die Kommunalkredit stets auf „bonitätsmäßig einwandfreie Transaktionen" ausgerichtet gewesen. Die Zeit danach könne die Ministerin nicht kommentieren.

Anzeige der Finanzaufsicht

Die Staatsanwaltschaft hat schon im Frühjahr Ermittlungen gegen das frühere Bankmanagement eingeleitet. Auch Schmied wurde zu einer Stellungnahme aufgefordert.

Dem Vernehmen nach hat sich die Ministerin bislang dazu vor der Justiz noch nicht geäußert. Die Finanzmarktaufsicht (FMA) zeigte den früheren Kommunalkredit-Vorstand bei der Staatsanwaltschaft an. Laut „Presse"-Informationen taucht in der Sachverhaltsdarstellung der FMA der Name Schmied nicht auf.

Erwähnt werden der langjährige Kommunalkredit-Chef Reinhard Platzer und Schmieds Nachfolger, Leopold Fischer. Platzer und Fischer weisen alle Vorwürfe zurück. Es gilt für alle die Unschuldsvermutung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.09.2009)

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