Insgesamt 19 türkische Vereine haben eine Erklärung verfasst, in der sie das Vorgehen der türkischen Führung und die Pro-Erdoğan-Demos in Wien verteidigen.
Wien. Mehrere türkische Vereine in Österreich haben sich demonstrativ hinter die Führung in Ankara gestellt. Unter dem Label Österreichisch-Türkische Demokratieplattform versammelten sich deren Vertreter am Dienstagvormittag, um eine Erklärung zu verlesen, in der man den „niederträchtigen Putschversuch“ vom 15. Juli verurteilte und die deswegen veranstalteten Demonstrationen in Wien rechtfertigte. Gleichzeitig verurteilte man die dabei verübten Vandalenakte – so war ein türkisch-kurdisches Kebablokal in der Mariahilfer Straße angegriffen worden.
Genau in einer Filiale jener Türkis-Kette fanden sich die Vereinsvertreter ein. Unter anderem gehört zu dem Zusammenschluss die Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD), die maßgeblich an der Mobilisierung für die Demos pro Erdoğan mitgewirkt hat, aber auch die Türkisch-Islamische Union für kulturelle und soziale Zusammenarbeit in Österreich (ATIB), der mit Abstand größte muslimische Verband in Österreich, die Islamische Föderation, die Union Islamischer Kulturzentren in Österreich (UIKZ), aber auch die CHP – Sozialdemokratischer Bund in Österreich. Insgesamt gehören 19 Vereine dem Bündnis an.
„Berechtigte Entrüstung“
Sprecher Özcan Özyer verlas die Erklärung, in der vom „natürlichen Recht“ gesprochen wird, „mit berechtigter Entrüstung“ auf den Putschversuch zu reagieren und „die Demokratie sowie die Grundrechte“ in der Türkei zu verteidigen. Man bedankte sich bei den Behörden für deren Verständnis für die spontane Demonstration, „die uns keine Möglichkeit bot, im Vorfeld eine Genehmigung einzuholen“. Den „abscheulichen Angriff“ auf das Türkis verurteile man „auf das Schärfste“. Man habe Österreich „vor einem halben Jahrhundert als Heimat ausgewählt“, hieß es weiter. Um hier erfolgreich zu sein, messe man der Integration „genauso viel Wert bei wie unsere österreichischen Freunde“. Dennoch glaube man, „dass die Integration in die österreichische Kultur uns nicht dazu zwingen sollte, unsere Wurzeln zu verleugnen“.
Mit dem Verlauf der Diskussion über die Lage in der Türkei zeigt man sich unglücklich. So stellte man mit Bedauern fest, dass „derzeit versucht wird, die in Österreich geführte Diskussion auf eine einzelne Person zu reduzieren“. Dabei habe der Putschversuch nicht nur auf den türkischen Staatspräsidenten, sondern auf die türkische Demokratie mit ihren Institutionen und Einrichtungen in ihrer Gesamtheit abgezielt. Gelegentlich gab es dabei Zwischenrufe von Passanten, unter anderem: „Der Erdoğan ist genauso ein Diktator wie die anderen.“
Von politischer Seite zeigt man sich in Österreich derzeit hart gegenüber der Türkei. So sagte etwa Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ), dass man sich „auf keinen Fall einschüchtern lassen“ dürfe. In der Flüchtlingsfrage sei man kein Bittsteller – „die EU sitzt auf dem längeren Ast“.
Auch Außenminister Kurz (ÖVP) hatte bereits ein türkisches Ultimatum zurückgewiesen – Europa dürfe sich in keine Abhängigkeit von der Türkei begeben. „Für mich ist klar“, so Kurz im Ö1-„Morgenjournal“, „dass wir hier keinen Millimeter nachgeben dürfen.“ FPÖ-EU-Abgeordneter Harald Vilimsky und Neos-Parteichef Matthias Strolz sprachen sich für ein Ende der EU-Beitrittsgespräche mit Ankara aus. Und Grünen-Chefin Eva Glawischnig forderte, dass in der Türkei verfolgte Personen „als Flüchtlinge in der Europäischen Union Schutz bekommen“ sollen. (APA/eko)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.08.2016)