Ankaras EU-Botschafter Selim Yenel findet die Aussagen des österreichischen Kanzlers "nicht hilfreich" - und plädiert im Gegenzug für ein höheres Verhandlungstempo.
Die türkische Kritik zu Bundeskanzler Kerns (SPÖ) Absage an einen EU-Beitritt der Türkei reißt nicht ab. Nun meldete sich auch ein in Wien bestens bekannter türkischer Top-Diplomat zu Wort, Ankaras EU-Botschafter Selim Yenel - freilich etwas differenzierter als Europaminister Ömer Çelik, der Kerns Aussagen in die Nähe von Rechtsextremen gerückt hatte.
"Wenn wir den Reset-Knopf drücken, dann, um den Beitrittsprozess zu beschleunigen", konterte Yenel am Donnerstagabend in der "ZiB2" Kerns Aussagen, die er als "keineswegs hilfreich" bezeichnete. Durch das Flüchtlingsabkommen seien Brüssel und Ankara wieder näher zusammengekommen, sagte Yenel, der zwischen 2005 und 2009 sein Land in Wien vertrat: "Wir haben der EU in einer existenziellen Krise geholfen und den Flüchtlingsstrom gestoppt. Wir haben alles getan, was die EU verlangt hat."
"Wir sind nicht zu weit auseinander"
Einen Kompromiss könne es auch in der Streitfrage der türkischen Anti-Terror-Gesetze geben, deren Änderung die EU fordert. Die Änderung müsse so sein, dass der Kampf gegen den Terror nicht beeinträchtigt werde, sagte Yenel. "Wir können eine Einigung finden, wir sind nicht zu weit auseinander."
Der Diplomat spielte auch Aussagen des türkischen Außenministers Mevlüt Cavusoglu herunter, der eine Aufkündigung des EU-Türkei-Flüchtlingsdeals angedroht hatte, wenn türkische Staatsbürger keine Visafreiheit bekämen. Der EU-Türkei-Deal werde nur aufgekündigt, wenn Ankara alle Forderungen der EU umsetze, die Visafreiheit aber wegen politischer Widerstände - etwa im Europaparlament - trotzdem nicht bekomme, meinte Yenel.
(APA/Red.)