Mandy und die Melancholie

Georg „Mandy“ Oswald gibt wieder ein Konzert in Wien.
Georg „Mandy“ Oswald gibt wieder ein Konzert in Wien.Die Presse/Clemens Fabry
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Georg Oswald, genannt Mandy, schrieb mit seiner Schlagerkombo Die Bambis Geschichte. Im September gibt der 81-Jährige ein Konzert in Wien.

Eine Sache, die der Wahlwiener Mandy bis heute nicht versteht, ist, warum ausgerechnet sein Lied „Melancholie“ in der Demoversion zum Welthit werden konnte. Sein hochfliegender Traum, das dramatische Lied in vollem orchestralen Flausch mit der Bayreuther Symphonie aufzunehmen, wurde 1964 zwar realisiert, aber nie veröffentlicht.

Stars wie Peppino di Capri coverten das Lied sofort. Also wurde die ein wenig unorthodoxe, dafür aber magische Demoversion auch in Deutschland veröffentlicht. Mit durchschlagendem Erfolg. Wie zuvor in Österreich landete dieser existenzialistische Schlager auf Platz eins der deutschen Hitparade. Da waren Die Bambis im Zenith. Zuvor waren sie bloß eine von vielen Beat- und Schlagerkombos, die anglosächsische Hitparadensongs eindeutschten.

Als alleiniger Komponist von „Melancholie“ ist Gitarrist Conny Fuchsberger eingetragen, obwohl das Lied von Mandy stammt: „Ein weinendes Mädchen auf dem Bahnhof in Krumpendorf hat mich dazu inspiriert. Weil ich nicht Klavier spielen konnte, hab ich es auf Band gesungen, und der Conny hat es dann transkribiert. Dem wäre so etwas nicht eingefallen, der war nicht so ein Romantiker wie ich.“

Das mit den Rechten ließ Mandy schleifen. Fuchsberger gab sich bei der AKM als alleiniger Urheber aus. „Die Melodien von ,Melancholie‘, ,Nur ein Bild von dir‘, ,Die längste Nacht‘ und ,Illusionen‘ waren alle von mir. Wir haben ausgemacht, dass wir halbe-halbe machen. Zunächst habe ich mir nicht viel gedacht. Wir waren ja eine OHG und haben alle Einnahmen zu viert geteilt. Bei den Tantiemen war's dann anders.“ Mandy hat sich diese geschäftliche Schlappe nicht zu Herzen genommen.

Der letzte Überlebende

Vielleicht ist diese Gemütsruhe das Geheimnis, warum er mit 81 Jahren noch so fit ist. Seit dem 4. August ist Mandy nun der letzte Überlebende der Bambis. Denn Hannes Schlader, von dem das kultige, zuletzt auf Al Bird Dirts Kompilation „Schnitzelbeat“ veröffentlichte „Inka City“ stammte, ist nun verstorben.

Die Musik scheint Mandys Jungbrunnen zu sein. Beständig sucht er die Nähe seiner Fans. „Die Leute wissen, ich bin einer von ihnen.“ Die Wiener Mentalität seiner Fans lag dem gebürtigen Rosenheimer von Anbeginn. „Ich mag sie allein deshalb, weil sie mich erstmals in die Hitparade gehoben haben.“

Der „Melancholie“ folgte ein halbes Dutzend Hits: „Nur ein Bild von dir“, „Es war nur eine Liebelei“ und das von Udo Jürgens eigens für Mandy komponierte „Sommertraum“. Selbst hat er sich nie als großen Sänger gesehen. Zu Unrecht. Mit viel Schmelz und zartem italienischen Akzent bohrt sich diese Stimme tief in dafür anfällige Herzen. Trotz ihres hohen Schmachtfaktors gelten Die Bambis auch bei progressiven Hörern als Kultband. Ihr „cinematischer“ Sound ist Gegenstand vieler Schwärmereien heutiger Popfans. Neben der charismatischen Stimme Mandys prägten Hammondorgel und ein Effektgerät namens Echolette das Klangbild.

„Der Erfinder der Echolette, ein Bayer namens Hans Bauer, kam eines Abends in das Lokal in Passau, in dem wir damals spielten, und versprach uns einen neuen Sound. Wir probierten das Gerät aus und waren hin und weg. Einziger Nachteil war, dass wir damit einmal im Monat zum Service mussten, weil das Teil eine gewisse Neigung zum Eiern hatte.“ Tückisch war auch der Erwerb einer Hammondorgel. „Das Gerät kam aus Chicago und wurde in Frankfurt zusammengebaut. Bloß bestand damals ein österreichisches Einfuhrverbot für Hammondorgeln.“

Letztlich schmuggelte Mandy das Instrument in einem VW-Bus nach Österreich. „ Zwei, drei Monate lang habe ich wöchentlich die Grenze passiert. Die haben kontrolliert, aber nie etwas gefunden. Irgendwann war es ihnen zu blöd. Eines Abends hatte ich halt die Hammondorgel drin. In meinem Leichtsinn blieb ich auch noch stehen und trank einen Kaffee mit den Zöllnern.“ Das heikle Manöver zum Wohl der Kunst glückte. Die Bambis konnten somit weiterhin ihrer ehrenvollen Aufgabe nachkommen, die Geburtenrate unter ihren Fans zu erhöhen.

ZUR PERSON

Die Bambis bestanden aus Conny Fuchsberger, Peter Holzer, Hannes Schlader und Mandy Oswald. Mit Liedern wie „Illusionen“, „Melancholie“, „Nur ein Bild für dich“ und „Die längste Nacht“ schrieben sie zeitlose Hits. Der kürzlich verstorbene Hannes Schlader betrieb viele Jahre lang die Wiener Diskothek Tenne. Am 10. September gibt Mandy im Wiener Orpheum ein Galakonzert mit seinen größten Hits.

(Print-Ausgabe, 08.08.2016)

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