ORF-Wahl: "Eher Chancen" für Wrabetz

ORF-STIFTUNGSRAT: WRABETZ
ORF-STIFTUNGSRAT: WRABETZ(c) APA (GEORG HOCHMUTH)
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Die Bewerber Alexander Wrabetz und Richard Grasl brauchen 18 Stimmen im Stiftungsrat, um ORF-Chef zu werden bzw. zu bleiben. Es dürfte knapp werden.

Der Wahlkampf um den Posten des ORF-Generaldirektors geht ins Finale: Am Dienstag wählt der ORF-Stiftungsrat, das oberste Aufsichtsgremium des Senders, einen neuen ORF-Chef. Zur Auswahl stehen der von der SPÖ unterstützte amtierende ORF-General Alexander Wrabetz sowie der von der ÖVP favorisierte Finanzdirektor Richard Grasl. Bis zuletzt warben beide Bewerber um Unterstützung für ihr Konzept. Am Montag präsentieren sich die Bewerber ab 18 Uhr in einer Live-Sendung auf ORF III. 15 Minuten lang stellen sie den Fernsehzusehern ihre Vorhaben für die fünfjährige Amtsperiode vor.

Die 35 Mitglieder des ORF-Stiftungsrats wählen den Generaldirektor in offener, nicht geheimer Abstimmung. Die Stiftungsräte treten Dienstag ab 10.00 Uhr zu ihrer Sitzung zusammen. Danach folgen in alphabetischer Reihenfolge die Hearings mit Grasl und Wrabetz. Je nach Dauer - in der Vergangenheit wurden aussichtsreiche Bewerber oft ein- bis eineinhalb Stunden "gegrillt" - startet dann am Nachmittag das Abstimmungsprozedere. Jeder Stiftungsrat erhält einen Stimmzettel, der einzeln in einer Wahlzelle ausgefüllt und in eine Wahlurne eingeworfen wird. Danach wird das Ergebnis ausgezählt, protokolliert und das Gremium wird über das Wahlverhalten der einzelnen Stiftungsräte informiert. Diese Form der offenen Auszählung gibt es seit 2001. Schwarz-Blau schaffte damals die geheime Wahl ab.

18 Stimmen sind für eine Mehrheit notwendig. Die Mitglieder des Stiftungsrats werden von Regierung, Parteien, Bundesländern, ORF-Publikumsrat und Betriebsrat beschickt und sind - abgesehen von wenigen Ausnahmen - in parteipolitischen "Freundeskreisen" organisiert. SPÖ und ÖVP können derzeit auf je 13 Vertreter zählen. FPÖ, Grüne, Neos und Team Stronach haben je einen Stiftungsrat. Der von BZÖ/FPK bestellte und von der SPÖ-geführten Landesregierung verlängerte Kärntner Stiftungsrat sowie vier Unabhängige komplettieren das Gremium.

"Überraschungen sind nicht ausgeschlossen"

Wegen der knappen Mehrheitsverhältnisse dürften bei der Wahl am Dienstag die Vertreter der Opposition sowie die Unabhängigen den Ausschlag geben. Montagmittag wurden unter Stiftungsräten die Chancen des amtierenden ORF-Chefs etwas höher eingeschätzt. "Derzeit habe ich den Eindruck, als würde sich das etwas stärker zu Wrabetz neigen", sagte ein Vertreter des Gremiums zur APA. "Überraschungen sind nicht ausgeschlossen, ich wüsste jetzt aber nicht, wie sie noch zustande kommen sollten", meinte ein anderer.

Küberl kann nicht teilnehmen

Ein Platz bleibt im 35-köpfigen ORF-Stiftungsrat am Dienstag übrigens leer. Der unabhängige Franz Küberl kann wegen des Begräbnisses eines langjährigen Freundes und Bergkameraden nicht an der Sitzung des ORF-Gremiums teilnehmen. Ein Votum Küberls gibt es trotzdem: die unabhängige Betriebsrätin Gudrun Stindl wird Küberl vertreten und dessen Stimmabgabe einbringen.

Wrabetz und Grasl - sowie im Hintergrund ihre politischen Unterstützer - warben unterdessen bis zuletzt bei Stiftungsräten für ihre Konzepte, und beide Bewerber rechneten mit einer Mehrheit. So könnte der amtierende ORF-General mit Unterstützung der 13 SPÖ-nahen Stiftungsräte, der zwei unabhängigen Betriebsräte sowie der Vertreter des Landes Kärnten, der NEOS und der Grünen die Basis für eine Wiederbestellung legen. Grasl bräuchte neben den 13 Stimmen des ÖVP-"Freundeskreises" noch das Backing der Stiftungsräte von FPÖ und Team Stronach, zwei weitere Unabhängige und eine jener Stimmen, die auch von Wrabetz umworben werden.

Wer wird was im ORF?

Nachdem Konzepte und Strategien der Kandidaten bereits seit längerem am Tisch liegen, dürfte es bei den Hearings am Dienstag auch noch um die Personalpakete der beiden Bewerber gehen.

Bei Wrabetz gelten Kathrin Zechner als Programmdirektorin sowie Michael Götzhaber als Technischer Direktor als Fixstarter. Die Kaufmännische Direktion soll mit einer weiblichen Finanzexpertin von außerhalb des Hauses besetzt werden. Als Radiodirektor bzw. als Head of Radio gelten bei Wrabetz der burgenländische Landesdirektor Karlheinz Papst und der frühere Radiochefredakteur und nunmehrige Projektleiter des neuen multimedialen Newsrooms, Stefan Ströbitzer, als mögliche Kandidaten.

Grasl dürfte auf Zechner als TV-Programm-Direktorin und Thomas Prantner als Digital-Direktor setzen. Als mögliche TV-Informations-Direktoren in Grasls Team wurden in Medienberichten zuletzt die Namen von ORF-Innenpolitikchef Hans Bürger, "Kleine Zeitung"-Chefredakteur Hubert Patterer, "Presse"-Chefredakteur Rainer Nowak und "News"-Chefredakteurin Eva Weissenberger genannt, für die Radiodirektion ORF-Religionschef Gerhard Klein und "Standard"-Geschäftsführer Wolfgang Bergmann.

Sowohl Wrabetz als auch Grasl wiesen solche Spekulationen bisher stets zurück. Es gebe noch keine diesbezüglichen Personalentscheidungen, zunächst gehe es um die Bestellung des Generaldirektors, danach würden die weiteren Direktorenposten ausgeschrieben, hieß es seitens der Kandidaten unisono.

(APA)

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