Säuberungsaktion in türkischer Botschaft in Den Haag

Ankara entlässt fünf Diplomaten wegen angeblicher Nähe zu Gülen-Bewegung.

Den Haag. Der lange Arm des türkischen Präsidenten, Recep Tayyip Erdoğan, reicht auch bis in die Niederlande. So musste die türkische Botschaft in Den Haag auf Anweisung aus Ankara fünf hochrangige Mitarbeiter entlassen, die als Mitglieder der Gülen-Bewegung gelten. Der Gruppierung, deren Vorsitzender der in den USA im Exil lebende Fethullah Gülen ist, wirft die Regierung in Ankara vor, den Militärputsch am 15. Juli in der Türkei angezettelt zu haben. Ankara stuft die Gülen-Bewegung als Terrororganisation ein.

Nach Angaben des türkischen Gesandten Kurtuluş Aykan hatten die fünf entlassenen Botschaftsmitarbeiter „hochrangige Funktionen“ in der Botschaft. „Der Koch ist jedenfalls nicht darunter,“ sagte der Diplomat im Interview mit der Zeitung „Algemeen Dagblad“. Zur möglichen Wiedereinführung der Todesstrafe in der Türkei meinte Aykan: „Diese Forderung kam aus dem Volk. Unser Parlament wird darüber entscheiden.“ Außerdem verbittet sich der Gesandte Aykan jedwede „Einmischung oder Ratschläge“.

Er behauptet ferner, dass die beiden Anschläge auf türkische Einrichtungen in Rotterdam und in Deventer, wo Fenster mit Steinen eingeworfen wurden, „von der Gülen-Bewegung inszeniert worden sind“. Nach Meinung des Gesandten ist die Gülen-Bewegung in den Niederlanden sehr stark. „Es gelingt ihnen auch, sich in den Medien als Opfer darzustellen. Sie haben eine gute PR-Abteilung“, behauptet Aykan.

Dass auch in den sozialen Medien in den Niederlanden regelrecht Jagd auf Gülen-Anhänger gemacht wird und sie dort öffentlich an den Pranger gestellt werden, findet der Gesandte ganz in Ordnung. „Wer 40 Jahre lang infiltriert, der wird eines Tages von unseren Geheimdiensten gefunden.“

Unklar war zunächst, ob die fünf entlassenen türkischen Botschaftsangestellten nach Ankara zurückfliegen oder in den Niederlanden Asyl beantragen. (htz)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.08.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Hakan Sükür
Fußball

Türkei: Haftbefehl gegen Ex-Starkicker Sükür?

Nach dem Putschversuch ist auch die schillerndste Figur in der Geschichte des türkischen Fußballs ins Visier geraten.
Präsident Erdogan vor Anhängern in der Nacht auf Donnerstag
Außenpolitik

Erdogan: USA müssen zwischen Türkei und Gülen entscheiden

Der türkische Präsident fordert erneut von Washington, Fethullah Gülen auszuliefern. Ankara wirft dem Prediger vor, hinter dem jüngsten Putschversuch in der Türkei zu stehen.
Mavlüt Cavusoglu wirft dem Westen vor, an der Vertrauenskrise selbst schuld zu sein.
Außenpolitik

Türkei: "EU hat Test nach Putschversuch nicht bestanden"

Außenminister Cavusoglu ist erbost über Kritik aus dem Westen, er sieht das Ansehen der EU in der Türkei schwer beschädigt. Österreichs Kanzler Kern bleibt bei seiner Kritik.
Außenpolitik

Morddrohungen gegen Gülen-Anhänger in Deutschland

Deutsch-türkische Erdogan-Anhänger rufen zum Boykott von bestimmten Geschäften auf. Es sei "wie in den 30er-Jahren, als es hieß: Kauft nicht beim Juden", sagt ein Betroffener.
Zivilisten blockieren nach dem Putschversuch am 15. Juli die Einfahrt eines Militärgeländes in Ankara.
Außenpolitik

Türkischer Admiral beantragte angeblich Asyl in den USA

Der Offizier wird nach dem Putschversuch in der Türkei per Haftbefehl gesucht. Er war auf einem Nato-Stützpunkt stationiert.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.