Keine Papiere? Berlin weist ab

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Menschen, die an der Grenze keine gültigen Dokumente aufweisen können, werden von Deutschland abgewiesen – und nach Österreich überstellt. Dort kennt man das System auch. Dort kennt man das System auch.

Wien. Österreich macht es. Und Deutschland eben auch: Flüchtlinge, die an der Grenze keine gültigen Papiere vorweisen, werden direkt dort abgewiesen. Die Polizei übergibt sie den Behörden aus dem Nachbarland.
Das deutsche Äquivalent zu einer parlamentarischen Anfrage zeigt nun auf, wie oft es in diesem Jahr schon vorgekommen ist: Laut „Osnabrücker Zeitung“, die sich auf Zahlen aus dem Bundestag beruft, wurde 2016 rund 13.300 Menschen die Einreise verweigert – am Flughafen oder an der Grenze. Das sind bereits um 50 Prozent mehr Fälle als im gesamten Vorjahr: Damals gab es noch 8913 Zurückweisungen. Der Großteil wird dabei zurück nach Österreich gebracht: In diesem Jahr waren es insgesamt 10.629 Flüchtlinge.

Allerdings: Anfang des Jahres waren es bei Weitem mehr Menschen, die aus Deutschland abgewiesen wurden. Die Landespolizei Oberösterreich übernahm laut eigenen Angaben im Jänner noch 2461 Menschen. Im Juli waren es 481 Personen. Anders sieht es in Salzburg aus, dort will man von keinem Abwärtstrend sprechen: „Die Zahlen variieren sehr stark von Woche zu Woche“, heißt es auf Anfrage der „Presse“.

Wenige stellen Asylantrag

Im Jänner waren es jedenfalls insgesamt 528 Flüchtlinge, die aus Deutschland zurückgenommen wurden. In Mai waren es wiederum 180 Menschen, im Juni 200 und im Vormonat 172 Personen. Von Letzteren haben laut Landespolizei übrigens nur acht Flüchtlinge einen Asylantrag gestellt. Die meisten seien Syrer und Afghanen.

Und was ist mit den restlichen Personen? „Es gibt nicht die eine Antwort auf die Frage“, heißt es aus dem Innenministerium. Ein Teil stelle eben einen Antrag auf Asyl, einige würden wiederum in andere Länder zurückgeführt werden, falls möglich. Einige würden allerdings wohl auch untertauchen.

„Die Lage ist absolut ruhig“

Wie viele der Flüchtlinge, die an der deutschen Grenze abgewiesen wurden, österreichweit einen Antrag gestellt haben, kann man im Innenressort nicht beziffern. Das würde in der Statistik nicht extra angeführt werden. Was an der deutsch-österreichischen Grenze passiert, geschieht allerdings auch anderorts. Österreich weist nämlich selbst Flüchtlinge ab. Zumindest theoretisch ist das der Plan.

Im steirischen Spielfeld etwa wurde mit dem „Grenzmanagement“ eine eigene Zone eingerichtet: Dort wurde kontrolliert, ob Menschen gültige Papiere hatten. War dies nicht der Fall, mussten sie zurück nach Slowenien. In den vergangenen Monaten war das aber nicht mehr nötig. „Die Lage ist absolut ruhig“, heißt es aus der steirischen Landespolizei. „Anfang des Jahres bis März gab es noch viele Zurückweisungen. Jetzt gibt es nur noch ganz, ganz wenige.“

Während über die Steiermark kaum noch Flüchtlinge ins Land kommen, suchen vermehrt Menschen über Ungarn einen Weg nach Österreich ins Burgenland – man geht von rund 200 Flüchtlingen pro Woche aus. „Zurückweisungen gibt es aber so gut wie keine“, sagt eine Sprecherin der Polizei. Ungarn weigert sich, Flüchtlinge zu übernehmen.

In Tirol wurden in diesem Jahr 6958 Menschen aufgegriffen. 3667 davon musste Österreich aus verschiedenen Gründen wieder von einem anderen Land zurücknehmen, etwa weil eine Rückführung aus formalen Gründen nicht funktionierte. 1278 stellten einen Asylantrag. 593 davon wurden zurückgewiesen, großteils nach Italien. Allerdings betont man in der Landespolizeistelle: Da es nicht ein „Grenzmanagement“ wie in der Steiermark gebe, könne man die Menschen auch nicht direkt an der Grenze abweisen. Sie würden im Land aufgegriffen und dann nach Italien gebracht.

Abkommen mit Italien

Und in Kärnten? Seit Mitte Juni sind schnelle Rückführungen möglich. Die Polizeibehörden in Kärnten und in Friaul haben ein Abkommen unterzeichnet: Illegal Eingereiste können binnen 24 Stunden nach Italien bzw. Österreich zurückgeschoben werden. Am Montag sind 22 Flüchtlinge am Grenzübergang Karawankentunnel aufgegriffen worden. Bei Befragungen gaben sie an, mit einem Lkw von Serbien nach Österreich geschleppt worden zu sein. Sie sollen der slowenischen Polizei übergeben werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.08.2016)

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