Ein Neuwahlgespenst geht um

Christian Kern und Reinhold Mitterlehner.
Christian Kern und Reinhold Mitterlehner.(c) APA/ROLAND SCHLAGER
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An der ORF-Wahl wird die rot-schwarze Regierung nun nicht scheitern. Sie wäre allerdings vor zwei Monaten beinahe geplatzt.

Wien. Norbert Steger, der FPÖ-Stiftungsrat, sagte am Dienstag vor der ORF-Wahl: „Das ist eine Abstimmung nur für ein Jahr. Dann gibt es Neuwahlen. Die FPÖ hat mich bereits beauftragt, ein neues ORF-Gesetz zu machen.“
Neuwahlen 2017? Womöglich schon im Frühjahr wie immer wieder kolportiert? Nur Wunschdenken der FPÖ – oder mehr? In SPÖ und ÖVP wird das dementiert. Auch der Umstand, dass die EU-Präsidentschaft Österreichs wegen des Brexit nun in die Zeit der Nationalratswahl im Herbst 2018 fällt, wird von führenden Regierungsvertretern nicht als Grund für mögliche Neuwahlen gesehen.

An der ORF-Wahl wird die Regierung nun jedenfalls nicht scheitern. Allerdings: Sie wäre es vor zwei Monaten beinahe. Am Rechnungshof. SPÖ-Kanzler Christian Kern war erst kurz im Amt, die Umfragewerte waren blendend, der Neue stand nach den Faymann-Jahren als strahlender Held da. Doch ebendiese Wahl zum Rechnungshof-Präsidenten drohte dessen Image erste schwere Kratzer zuzufügen.

Ursprünglich wollte Kern mit ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner einen gemeinsamen Kandidaten aufstellen; auch ein bürgerlicher, aber ohne parteipolitische Vergangenheit wäre möglich gewesen. Doch Mitterlehner konnte nicht mit. Sein Parlamentsklub mit Reinhold Lopatka an der Spitze – unterstützt von der niederösterreichischen ÖVP – hatte anderes vor: Sie wollten Kern eine Niederlage zufügen. Indem gemeinsam mit der FPÖ und dem Team Stronach die Budgetsektionschefin des Finanzministeriums, Helga Berger, zur Rechnungshof-Präsidentin hätte gekürt werden sollen. Als zweite ÖVP-Kandidatin wurde – mehr oder weniger alibihalber – die Präsidentin des steirischen Landesrechnungshofs, Margit Kraker, nominiert.

Doch Kern wollte und konnte eine schwarz-blaue Kandidatin nicht akzeptieren. Gegen die SPÖ zu stimmen wäre laut Regierungsvertrag auch ein Koalitionsbruch der ÖVP gewesen. Kern war – um nicht in eine Negativspirale zu geraten, denn die Mehrheitsverhältnisse für die ORF-Wahl waren auch noch nicht gesichert – bereit, die Koalition platzen zu lassen. Mitterlehner brachte seinen Klub letztlich zum Einlenken. Kraker wurde als Kompromiss Präsidentin. (oli)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.08.2016)

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