Afghanistan: Wahlprüfer prangern massiven Betrug an

An Afghan election worker checks results
An Afghan election worker checks results(c) AP (Musadeq Sadeq)
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Nach Angaben der von der Uno unterstützten Beschwerdekommission gibt es in mehreren Provinzen "klare und überzeugende Beweise für Betrug". 200.000 Stimmen sind bereits für ungültig erklärt worden.

Die von den Vereinten Nationen unterstützten Beschwerdekommission (ECC) wies die afghanische Wahlkommission am Montag an, die betroffenen Wahllokalen zu überprüfen. Die Stimmen sollen erneut ausgezählt werden, wenn 95 bzw. 100 Prozent der Stimmen an einen Kandidaten gingen. Noch ist unklar, wie viele Wahllokale von Überprüfungen und Neuauszählungen betroffen sein werden. Die ECC hat laut dem US-Sender CNN seit der Wahl mehr als 2000 Beschwerden erhalten, mehr als 700 davon sind demnach "schwerwiegend".

Wie CNN unter Berufung auf Mitarbeiter des US-Außenministeriums berichtete, trafen der US-Botschafter in Kabul, Karl Eikenberry, und Uno-Vertreter am Montagabend mit Karzai zusammen. Dabei hätten sie ihn aufgefordert, der unabhängigen Wahlkommission eine eingehende Überprüfung der Vorwürfe zu gestatten.

Auch die afghanische Wahlkommission räumte Unregelmäßigkeiten ein. Etwa 200.000 Stimmen sind bereits wegen Betrugs für ungültig erklärt worden. Eine zweifache Prüfung habe ergeben, dass diese Stimmen nicht gewertet werden könnten, sagte der Leiter der Wahlkommission, Daoud Ali Najafi, am Dienstag in der Hauptstadt Kabul. "In einigen Regionen war die Beteiligung höher als die Zahl der Stimmzettel, die wir an die Wahllokale geschickt haben." In 447 Wahllokalen sei es zu Unregelmäßigkeiten gekommen.

EU-Beobachter: Es fehlt an Transparenz

Wie die stellvertretende Leiterin der EU-Wahlkommission in Afghanistan, Dimitra Ioannou, sagte, kämen die meisten zweifelhaften Ergebnisse aus dem Süden des Landes. Die Ergebnisse aus rund 400 Wahllokalen hätten von vorneherein annulliert werden müssen. Die EU-Beobachter empfehlen der Wahlkommission, die fragwürdigen Ergebnisse zu überprüfen und zu klären, wie sie überhaupt in das Gesamtergebnis gelangen konnten. Generell bemängeln die Beobachter fehlende Transparenz und einen erschwerten Zugang zu Informationen, kritisierte Ioannou.

Die USA haben die afghanischen Behörden aufgefordert, Vorwürfen von Wahlfälschung nachzugehen. Nur so könne die Bevölkerung von der Legitimität der Präsidentschaftswahlen überzeugt werden, sagte ein Sprecher des US-Präsidialamts am Montag. Laut einem Bericht der "New York Times" gab es mehr als 800 "fiktive Wahllokale", die nur auf dem Papier existierten, aber aus denen Hunderttausende Stimmen für Karzai gemeldet wurden.

Karzai: "Wahlbetrug ist leider unvermeidlich"

In einem Interview mit der französischen Zeitung "Le Figaro" (Dienstagausgabe) räumte Präsident Karzei zwar ein, dass es möglicherweise Wahlbetrug gegeben habe. Er signalisierte aber, dass er dies nicht für bedeutend halte: "Was Wahlen angeht, hat es 2004 Betrug gegeben, es gibt ihn heute und es wird ihn auch morgen geben. In einer im Entstehen begriffenen Demokratie ist dies leider unvermeidlich."

(Ag.)

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