Kurz: "Durchwinken als Notmaßnahme wieder denkbar"

"Europa ist stark und selbstständig genug, seine Außengrenzen zu schützen", sagt der Außenminister.
"Europa ist stark und selbstständig genug, seine Außengrenzen zu schützen", sagt der Außenminister.APA/GEORG HOCHMUTH
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Er sei gegen eine Politik des Durchwinkens nach Deutschland, sagt der Außenminister. Aber er wolle auch eine Überforderung Österreichs verhindern.

Was passiert, wenn die Türkei ihre Drohung wahr macht und den Flüchtlingsdeal mit der EU platzen lässt, sollte Brüssel die versprochene Visafreiheit für türkische Staatsbürger nicht umsetzen? Als Notmaßnahme wären nationale Schritte, wie Flüchtlinge von Österreich nach Deutschland durchzuwinken, wieder denkbar, sagte Außenminister Sebastian Kurz in einem Interview mit der Online-Ausgabe des deutschen Magazins "Focus".

"Wir sind definitiv gegen eine Politik des Durchwinkens. Aber wir sind auch nicht bereit zuzusehen, dass in unserem Land eine Überforderung eintritt", sagte Kurz. Ein Europa, in dem die einzelnen Mitgliedsstaaten nationale Alleingänge durchsetzten sei jedoch nicht das Europa, in dem er leben wolle. "Europa ist stark und selbstständig genug, seine Außengrenzen zu schützen. Wenn wir die notwendigen Maßnahmen einleiten, braucht es dazu keinen Plan B, also keinen Deal mit der Türkei", betonte Kurz in dem Gespräch. Die EU dürfe sich in den Verhandlungen mit der Türkei nicht erpressen lassen.

Einmal mehr schlug Kurz die Modelle Australiens und Spaniens vor. Ihnen sei gelungen, den Flüchtlingsstrom einzudämmen. Dabei solle das australische Modell nicht eins zu eins übernommen werden, sagte Kurz. "Der wesentliche Punkt ist, dass die Menschen an der Außengrenze gestoppt werden und die Rettung aus dem Mittelmeer nicht mehr mit einem Ticket nach Mitteleuropa verbunden ist. Zugleich sollten wir über Resettlement-Programme Flüchtlinge in einem zahlenmäßig zu bewältigenden Ausmaß legal in die EU bringen."

Die Schließung der Westbalkanroute habe bewiesen, dass sich weniger Menschen auf den Weg machten, wenn die illegalen Wege nach Mitteleuropa geschlossen seien. Daher müssten nun Länder mit einer schwer zu schützenden Außengrenze, wie Bulgarien, Italien und Griechenland unterstützt werden, meinte der ÖVP-Politiker. "Es wird in Zukunft kein gemeinsames Europa mehr geben ohne eine gemeinsam geschützte europäische Außengrenze. Wer meint, die Außengrenze der EU sei nicht zu schützen, der muss konsequenterweise die Wiedereinführung der nationalen Grenzen fordern."

>>> Bericht auf Focus

(red.)

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