Schröcksnadel: "Das Limit allein ist nicht genug"

Peter Schröcksnadel
Peter SchröcksnadelAPA/HERBERT PFARRHOFER
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Für Peter Schröcksnadel ist das Projekt Rio ein Erfolg und Segel-Bronze ein Fortschritt. Er sieht junge Athleten reifen, rechnet mit Enttäuschungen ab – und tritt als Förderkoordinator zurück.

Die Presse: Österreich hat bei den Sommerspielen in Rio de Janeiro eine Medaille gewonnen. Ist damit das Projekt Rio für Sie bereits ein Erfolg?

Peter Schröcksnadel: Ja. Junge Sportler, die das erste Mal bei Olympia dabei waren und ihre Leistung gebracht haben, die haben mir imponiert. Die Schützin Olivia Hofmann zum Beispiel. Oder Diskuswerfer Lukas Weißhaidinger. Manche sind in der Weltklasse angekommen, ganz vorn dabei, ihnen fehlt nicht mehr viel. So schmerzunempfindlich wie die beiden Judo-Mädel etwa sind, das findest ja weltweit nicht. Kathrin Unterwurzacher, Bernadette Graf – sie sind der Hammer! Oft hat nicht viel gefehlt, im Kanu, Judo, Schießen, im Segeln. Wenn das die Ungarn oder Slowenen können, müssen wir das doch auch schaffen. Wir müssen nur daran glauben!

Also sind Sie rundum zufrieden mit einmal Edelmetall?

Ich bin froh über diese Medaille, sehr sogar. Aber ich bin nicht zufrieden. Es hätten mehr sein können. Viele der jungen Sportler haben alles gegeben, aber von manch Arrivierten hätte ich mir doch weitaus mehr Biss erwartet.

Von wem?

Ich kann alles sagen. Ich war vor allem von den Beachvolleyballern enttäuscht. Da haben jene besser gespielt, die keine Förderung hatten – wie geht denn das?

Also macht Geld doch die Punkte, Tore und auch im Sport damit den Unterschied aus?

Meine Meinung ist, dass es in Österreich genug Fördermittel gibt. Das Problem ist allerdings, dass jeder daran zieht, davon etwas haben will – und viele es auch bekommen. Es gibt eindeutig zu viele Anlaufstellen. Egal, ob Sporthilfe, Bundessportförderung, Projekt Rio etc. Wenn man die alle vereinen will unter einem Dach, braucht man allerdings vorher klare Ziele. Wo will man mit dem Sport in Österreich hin? Was zählt bei Olympia? Medaillen. Also muss man in Zukunft – im Spitzensport bitte, es geht mir jetzt nicht um Breiten- oder Hobbysport – auch so fördern.

Sieger haben es immer leichter im Leben. Erklärt sich für Sie aus dieser Sicht auch der Unterschied zwischen Winter- und Sommersport in Österreich?

Nein, nicht ganz. Im Winter hast du intern weitaus mehr Druck, damit du überhaupt dabei bist. Es gibt viel mehr Konkurrenz, die gibt es im Sommer aber meiner Meinung nach nicht. Da genügt es, das Limit zu erbringen und man fährt schon zu Olympia. Das ist aber nicht genug. Man braucht gute Zellen in Österreich, dadurch wachsen alle, rund um Spitzenleute ist das noch leichter. Ohne Konkurrenz geht das nicht. Es muss Begeisterung herrschen, mit Leistung und Dampf dahinter. Olympia-Limit heißt Startberechtigung, aber das ist nicht genug für eine Medaille. Es ist eine Frage der Akzeptanz, die kriegst du nur durch Erfolg.

Sollen also in Hinkunft nur noch Österreicher zu Olympia fahren, die eine Final- und echte Medaillenchance haben? Die Niederländer praktizieren dieses Modell schon seit Jahren und es sind keine Raunzereien der Daheimgelassenen überliefert.

Das könnte man überlegen, das ist auch eine gute Idee, nur müsste man unserem Sport dazu neue Strukturen aufprägen. Das muss der Sportminister entscheiden, nicht ich. Hans Peter Doskozil hat für mich aber das Potenzial, das durchzuziehen. Er hat große Pläne. Solange wir Versorgungsposten im Sport haben, werden wir auch keine Medaillen machen, oder weiterhin nur wenige. Man muss Ziele formulieren, klar definieren. Vielleicht ein blödes Beispiel, aber bitte: Damen-Kugelstoßen muss man in Österreich nicht fördern. In der Leichtathletik gibt es 48 Disziplinen und da muss man sich doch die aussuchen, in der wir etwas gewinnen können . . .

2018 gibt es Winterspiele in Südkorea, 2020 Sommerspiele in Tokio. Wird es dafür wieder eigene Förderprojekte geben?

Mein Projekt belief sich auf 3,5 bis vier Millionen Euro pro Jahr, da war keine Politik drin. Null! Aber nur so geht es, mit Experten. So ein Projekt muss fortgesetzt werden. Diese eine Medaille ist ein Fortschritt, gar keine Frage. Es muss weitergehen mit dieser jungen Partie. Aber, das muss ohne mein Zutun geschehen, ich bin nicht mehr dabei. Ich will nicht mehr, ich habe im Winter, beim ÖSV, genug zu tun.

ZUR PERSON

Peter Schröcksnadel, 75, ist seit 1990 ÖSV-Präsident, seit 2012 Rio-Koordinator und Geschäftsführer von vier Tochterfirmen, die Events veranstalten. Seine Sitour Management GmbH unterhält mehrere Skigebiete. [ APA]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.08.2016)

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