Asylverlust für Straftäter: Sobotka will nachschärfen

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Strafrichter sollen den Verlust des Asylstatus beschließen. Eine Aberkennung des Asylstatus heißt aber nicht automatisch, dass der Betroffene das Land verlässt.

Wien. Nach Integrationsminister Sebastian Kurz, der die Vollverschleierung verbieten und Flüchtlinge zwingen will, Ein-Euro-Jobs anzunehmen, setzt nun auch Innenminister Wolfgang Sobotka auf gesetzliche Verschärfungen. Kriminelle Flüchtlinge sollen bei einer rechtskräftigen Verurteilung automatisch ihren Asylstatus verlieren, sagte der ÖVP-Politiker der Zeitung „Österreich“.

Allerdings: Eine Aberkennung des Asylstatus gibt es bereits. Nach der derzeit geltenden Rechtslage muss das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein Verfahren einleiten, wenn ein Asylberechtigter ein Verbrechen begangen hat, das mit mehr als drei Jahren Strafe bedroht ist. Darunter fallen beispielsweise Delikte wie Raub, Vergewaltigung verbunden mit schwerer Körperverletzung oder Mord, nicht aber Vergehen wie etwa Diebstahl.

Der Änderungswunsch des Ministers: Das Verfahren soll vereinfacht werden. Bereits das Strafgericht soll entscheiden, ob der Asylstatus abzuerkennen ist, so eine Sprecherin von Sobotka zur „Presse“. Damit sei auch gewährleistet, dass jeder Einzelfall geprüft wird, wie dies gesetzlich vorgesehen ist. Die Änderung soll aber nicht nur Asylberechtigte, sondern auch Asylwerber treffen: Der Strafrichter würde demnach entscheiden, ob auch ein laufendes Asylverfahren zu beenden ist.

Noch offen ist, ob auch der Katalog der Delikte, der zu einer Aberkennung des Asylstatus führt, angepasst wird. Immerhin ist mehr als drei Jahre Haft eine hohe Strafdrohung. Das werde noch geprüft, heißt es aus dem Büro des Ministers. Klar ist jedenfalls, dass nicht jede Verurteilung automatisch zu einer Aberkennung des Asyls führen wird. Es müsse Verhältnismäßigkeit geben, sagt Sobotka.

Eine Aberkennung des Asylstatus heißt aber nicht automatisch, dass der Betroffene das Land verlässt. So ist eine Abschiebung nicht möglich, wenn das Herkunftsland nicht bekannt ist, oder wenn dieses den Abzuschiebenden nicht zurücknehmen will. Das trifft beispielsweise auf Länder wie Marokko und Pakistan zu. Abgeschoben wird auch nicht in Kriegsgebiete, oder wenn dem Straftäter im Heimatland eine unmenschliche Behandlung, Tod oder Folter drohen. Die Vorgangsweise in diesen Fällen: Die Verurteilten werden nach Absitzen der Haft in Österreich „geduldet“. Sie bekommen aber kein Aufenthalts- und Arbeitsrecht.

Wie oft straffällig gewordene Asylwerber derzeit abgeschoben werden, ist nicht bekannt. Rund 300 Abschiebungen nach Aberkennungsverfahren gibt es jährlich. Allerdings betrifft das nicht nur Straftäter, sondern auch Personen, bei denen sich herausgestellt hat, dass sie im Asylverfahren falsche Angaben gemacht haben.

Die Pläne von Innenminister Sobotka stoßen bei den Grünen auf Ablehnung. „Über 25 Jahre Asylverschärfung“ hätten kein einziges Problem gelöst, meinte Integrationssprecherin Alev Korun. „Ständig vom selben, das auch in der Vergangenheit nichts verbessert hat, noch mehr zu beschließen, ist weder vernünftig noch hilfreich.“ Team-Stronach-Generalsekretär Christoph Hagen bezeichnete es hingegen als dringend notwendig, die Forderung so schnell wie möglich umzusetzen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.08.2016)

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