Die Grenze müsse nach dem Anschlag in Gaziantep von der Terrormiliz IS gesäubert werden, sagt Ankara. Auch einen Kurdenkorridor könne es nicht zulassen.
Nach dem blutigen Anschlag auf eine Hochzeitsgesellschaft in Gaziantep greift die Türkei härter durch. Die Armee beschoss am Dienstag Stellungen der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Nordsyrien. Insgesamt seien 40 Granaten auf vier Ziele des IS gefeuert worden, berichtete der Sender NTV unter Berufung auf das Militär. Zuvor seien zwei Mörsergranaten aus Syrien in der türkischen Grenzstadt Karkamis eingeschlagen. Verletzt wurde laut der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu Ajansi niemand.
Bereits am Montag hatte das Militär Stellungen des IS angegriffen. "Unsere Grenze muss vollständig von Daesh (IS) gesäubert werden", sagte Außenminister Mevlüt Cavusoglu am Montag vor Journalisten in Ankara, zwei Tage nach dem Attentat im südosttürkischen Gaziantep. Der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim erklärte laut Medienangaben nach einer Ministerratssitzung: "Wir können keinen kurdischen Korridor an unserer Südgrenze zulassen."
Auch die von den USA unterstützten kurdischen Volksschutzeinheiten (YPG) in der nordsyrischen Region Manbidsch wurden am Montag nach eigenen Angaben vom türkischem Militär bombardiert. Die Türkei habe Stellungen rund 20 Kilometer von der Grenze entfernt beschossen, sagte ein Sprecher der Kurden in der Region, Scherwan Darwish, der dpa.
Der Vormarsch der YPG, des syrischen PKK-Ablegers, ist der Türkei ein Dorn im Auge. Erst kürzlich hatte die Regierung vor einem weiteren Vorrücken der Kurden in der Region gewarnt. Ein zusammenhängendes kurdisches Gebiet an der Grenze zur Türkei könnte auch die Unabhängigkeitsbestrebungen der Kurden in der Türkei befeuern, so die Befürchtung Ankaras.
Zweifel um Alter des Attentäters
Die Türkei macht den IS für das Attentat am Samstagabend verantwortlich, bei dem mindestens 54 Menschen getötet wurden. Unter den Opfern sind vor allem Kinder und Jugendliche. Der Sender CNN Türk berichtete, 29 der bereits identifizierten Toten seien unter 18 Jahre alt.
Inzwischen kamen in der Türkei allerdings Zweifel auf, ob es sich bei dem Attentäter von Gaziantep tatsächlich um ein Kind handelte, wie zunächst angegeben. Yildirim sagte am Abend in Ankara, es gebe ein "Gerücht", dass das Attentat ein Kind ausgeführt habe. Noch sei jedoch nicht klar, wer dahinterstecke. Die Sicherheitskräfte suchten nach Belegen.
Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hatte am Sonntag gesagt, dass es sich bei dem Attentäter von Gaziantep nach ersten Erkenntnissen um ein Kind zwischen 12 und 14 Jahre handele. Als Drahtzieher sah er die Terrormiliz IS.
Die türkische Zeitung "Hürriyet" hatte berichtet, auf Überwachungskameras in Gaziantep sei zu sehen, dass ein Kind von zwei Personen begleitet worden sei. Sie hätten sich entfernt, bevor die Bombe detonierte. Die Terrormiliz IS beherrscht große Gebiete auf der syrischen Seite an der Grenze zur Türkei. Ein weiterer großer Teil der 911 Kilometer langen Grenze zu Syrien wird von den YPG kontrolliert.
Ein Jahr nach der Aufnahme ihrer Arbeit soll eine Untersuchungskommission der UNO diese Woche ihren Bericht zu mehreren Giftgasangriffen in Syrien vorlegen. Das teilten Diplomaten am Montag in New York mit. Der sogenannte Gemeinsame Untersuchungsmechanismus (Joint Investigative Mechanism, JIM) war im August 2015 nach Chlorgasangriffen auf drei syrische Dörfer eingesetzt worden. Damals starben 13 Menschen.
(APA/dpa/AFP)