Merkel ruft türkischstämmige Deutsche zu Loyalität auf

Erdogan-Anhänger bei einer Demonstration in Köln.
Erdogan-Anhänger bei einer Demonstration in Köln.REUTERS
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Im Gegenzug für die Loyalität von Türken in Deutschland versuche sie, ein "offenes Ohr" für Migranten zu haben, sagt die deutsche Kanzlerin.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat von den Menschen mit türkischen Wurzeln in Deutschland Loyalität eingefordert. "Von den Türkischstämmigen, die schon lange in Deutschland leben, erwarten wir, dass sie ein hohes Maß an Loyalität zu unserem Land entwickeln", sagte Merkel in einem Interview.

Hintergrund ist unter anderem die Sorge, dass innertürkische Konflikte nach dem Putschversuch dort auch auf deutschen Straßen ausgetragen werden könnten.

Den knapp drei Millionen Menschen mit türkischen Wurzeln in Deutschland sagte Merkel in den Dortmunder "Ruhr Nachrichten" vom Dienstag zugleich zu, "für ihre Anliegen ein offenes Ohr zu haben". Zugleich mahnte die Kanzlerin Gewaltfreiheit bei Protesten und Demonstrationen an.

Diskussionen um Doppelstaatsbürgerschaft

Zuletzt hatten Kundgebungen von Anhängern des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Deutschland - etwa bei einer Großveranstaltung in Köln - für politische Diskussionen gesorgt. Aus der Union kommen auch deswegen Forderungen, die doppelte Staatsbürgerschaft wieder abzuschaffen.

"Der Doppelpass wird immer mehr zum Regelfall, das wollen wir nicht, daher müssen wir zum alten Staatsbürgerschaftsrecht zurück", bekräftigte CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer in der "Rheinischen Post". Nur Einwanderer, die lange in Deutschland lebten, sich gut integriert hätten und sich eindeutig zu den Werten und Prinzipien bekennen würden, könnten die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten.

Die 2014 von der Großen Koalition eingeführte Regelung sieht vor, dass in Deutschland geborene und aufgewachsene Kinder ausländischer Eltern unter bestimmten Bedingungen beide Pässe behalten können.

Merkel wandte sich wiederum gegen Forderungen, die Möglichkeiten zur doppelten Staatsbürgerschaft auszuweiten. Über die gegenwärtige Regelung hinaus "wird es mit der Union eine generelle Möglichkeit zur doppelten Staatsbürgerschaft nicht geben", sagte sie der "Passauer Neuen Presse".

Verinbarungen mit nordafrikanischen Staaten

Zur Bewältigung der Flüchtlingskrise warb die Kanzlerin dafür, nach dem EU-Türkei-Abkommen ähnliche Vereinbarungen auch mit anderen Ländern unter anderem in Nordafrika zu schließen, "um auch die Fluchtrouten über das zentrale Mittelmeer besser in den Griff zu bekommen". Solche Absprachen seien "auch im Interesse der flüchtenden Menschen", argumentierte Merkel mit Blick auf die gefährlichen Überfahren und die hohen Geldforderungen der Schlepper.

In dem Flüchtlingspakt zwischen der EU und der Türkei vom März hatte sich Ankara verpflichtet, Flüchtlinge zurückzunehmen, die von der Türkei nach Griechenland übersetzen. Im Gegenzug bot die EU milliardenschwere Hilfen sowie Visafreiheit für Türken bei Reisen in die EU an. Ähnliche Abkommen fasste die EU auch mit anderen Staaten vor allem in Nordafrika ins Auge.

Um die Sicherheitslage in Europa nach den jüngsten Terroranschlägen zu verbessern, forderte Merkel eine engere Zusammenarbeit in der EU. Nötig seien ein besserer Datenaustausch sowie das geplante Einreise- und Ausreiseregister für den EU-Raum.

Die Einführung eines solchen Registers soll nach dem Willen der Innenminister Deutschlands und Frankreichs bis Ende des Jahres entschieden sein. Das forderten Innenminister Thomas de Maiziere (CDU) und sein französischer Kollegen Bernard Cazeneuve am Dienstag nach einem Treffen in Paris. "Wir wollen wissen, wer nach Europa kommt, und ob er sich zu Recht aufhält, und wenn er Europa wieder verlassen hat", sagte de Maiziere.

(APA/AFP)

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