Hypo-Bericht: Reform von Landeshaftungen "unerlässlich"

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HYPO-U-AUSSCHUSS: FEKTERAPA/HERBERT NEUBAUER
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Das fehlende Länder-Insolvenzrecht gebe "führt zu Fehlanreizen", kritisiert Verfahrensrichter Walter Pilgermair in seinem Berichtsentwurf zum Hypo-U-Ausschuss.

Der Berichtsentwurf zum Hypo-U-Ausschuss, erstellt von Verfahrensrichter Walter Pilgermair, ist heute an die Parteien ergangen. Laut dem Entwurf, der der APA vorliegt, "erscheint eine Reform bei Ermittlung und Begrenzung von Haftungen der Gebietskörperschaften unerlässlich". Auch ein Insolvenzrecht für Länder und Gemeinden sei geboten. Die Aufsicht könnte besser zusammenarbeiten. "Mittels einer transparenten Haushaltsgebarung unter Veröffentlichung aller Haftungsrisiken soll gewährleistet werden, dass eventuelle finanzielle Risiken für Bund wie Länder erfasst sind", heißt es unter vielen anderen Punkten auf den knapp 500 Seiten weiters. Derzeit seien Vergleiche der Haftungsstände und der Obergrenzen wegen uneinheitlicher Methodiken zur Berechnung praktisch unmöglich.

Dass es noch kein Länder-Insolvenzrecht gebe "führt zu Fehlanreizen und birgt auf Länderseite die Gefahr eines nicht nachhaltigen, sorglosen ökonomischen Fehlverhaltens, da auf die Hilfe von außen, durch den Bund, spekuliert wird". Gläubigerseitig könne es hingegen dazu führen, dass die Haftungen von Gebietskörperschaften implizit als Bundeshaftungen gewertet werden, schreibt Pilgermair.

  • Zum ersten Untersuchungsabschnitt - vom Jahr 2000 bis die frühere Hypo Alpe Adria 2008 erstmals staatliches Partizipationskapital erhielt - geht der Berichtsentwurf zum Hypo-U-Ausschuss von Pilgermair auf die exorbitant hohen Landeshaftungen Kärntens für die Skandalbank ein. Diese kratzten 2006 an der 25-Milliarden-Marke. Aber auch um Malversationen in der Hypo geht es. Diese sind im U-Ausschuss ausführlich behandelt worden. Dazu könne auf mehrere Gerichtsurteile und Anklagen hingewiesen werden. Die Bankenaufsicht habe "hier zu wenig bzw. nicht ausreichend geprüft hat", heißt es im Berichtsentwurf.

    Für die EU stellten die Haftungen eine nicht akzeptable Wettbewerbsverzerrung dar. Die Übergangslösung für das Eingehen von Landeshaftungen wurde vom Land Kärnten und der Hypo (in den Jahren 2003 bzw. 2004 bis 2007) "überproportional genutzt", schreibt Pilgermair.
  • Zum Untersuchungsabschnitt zwei - öffentliche Hilfe und Verstaatlichung - zu den Jahren 2008 und 2009 hält der Bericht unter anderem fest, dass das Finanzministerium unter Josef Pröll (ÖVP) die Entscheidung zur Verstaatlichung im Dezember 2009 traf, "obwohl ihm hätte bekannt sein müssen, dass neues Kapital erforderlich sein könnte". Zeitgleich sei das Finanzministerium aber davon ausgegangen, "dass die BayernLB nicht alleine für eine notwendige Rekapitalisierung sorgen würde". Zudem führte die Republik Österreich keine Due Diligence bei der Hypo durch und verzichtete auf jegliche Gewährleistung der BayernLB. Schon Ende 2008 bekam die Hypo 900 Millionen Euro staatliches Partizipationskapital - durch die OeNB-Begutachtung als "not distressed" (nicht notleidend) ohne der Erfordernis eines Umstrukturierungsplans.
  • Zur Zeit der Hypo als verstaatlichte Bank - dritter Untersuchungsabschnitt - heißt es im Bericht, dass die österreichischen politischen Entscheidungsträger die Errichtung einer Abbaueinheit zunächst ablehnten, da eine solche die Staatsschulden erhöht hätte - obwohl die Errichtung einer Bad Bank die Einbeziehung von EBRD und IFC und somit den Erhalt von Vermögenswerten ermöglicht hätte. Bundeskanzler war schon zur Zeit der Verstaatlichung der nunmehrige Ex-Kanzler Werner Faymann (SPÖ), als Finanzminister wurde Pröll von seiner Parteikollegin Maria Fekter abgelöst. Die Entscheidung zur Einrichtung der Abbaugesellschaft Heta kam erst von Fekter-Nachfolger und Ex-ÖVP-Chef Michael Spindelegger.

Pilgermair, der im Berichtsentwurf nicht unbedingt klare politische Verantwortlichkeiten benennt, schreibt in seinem Vorwort übrigens: "Die Ergebnisse der Beweisaufnahme lassen gemäß dem erkenntnisleitenden Interesse durchaus eine gewisse Bandbreite vertretbarer Interpretationen zu." Der U-Ausschuss wurde de jure eingesetzt "zur Untersuchung der politischen Verantwortung für die Vorgänge rund um die Hypo Group Alpe Adria".

Eine Conclusio, die auch die Frage nach der politischen Verantwortung beantwortet, könnte es möglicherweise im offiziellen Abschlussbericht geben, wenn auch die Stellungnahmen der Fraktionen und betroffener Dritter eingearbeitet sind.

(APA)

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