Wiener Spitalsärzte beschließen Kampfmaßnahmen

Spitalsärzte beschließen Kampfmaßnahmen
Spitalsärzte beschließen KampfmaßnahmenAPA/HELMUT FOHRINGER
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Der Wiener Ärztekammerchef Thomas Szekeres will "wenn nötig, alle Eskalationsstufen des demokratischen Protests nutzen".

Die Wiener Ärztekammer hat infolge des Streikvotums
der Spitalmediziner am Mittwoch gewissermaßen formal grünes Licht für Kampfmaßnahmen gegeben. In einer Sitzung hat sich die zuständige Kurie "mehrheitlich mit nur einer Gegenstimme für Kampfmaßnahmen im Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) ausgesprochen", teilte die
Kammer per Aussendung mit. Konkrete Streikpläne gibt es aber bis dato nicht.

Die Kurie angestellte Ärzte der Wiener Standesvertretung hat damit dem Ergebnis einer Umfrage unter den KAV-Ärzten Rechnung getragen. Knapp 93 Prozent der Befragungsteilnehmer hatten sich für streikbereit erklärt, sollten die neuen Arbeitszeitregelungen - insbesondere die Verschiebung von Nachtdiensten in den Tag - nicht
aufgeweicht bzw. zurückgenommen werden.

"Strategie der Ignoranz überdenken"

Kammerpräsident Thomas Szekeres will mit dem Beschluss den Druck auf die Stadt bzw. den KAV erhöhen: "Wir raten mit Nachdruck Stadträtin Sonja Wehsely und  KAV-Generaldirektor Udo Janßen, ihre derzeitige Strategie der Ignoranz gegenüber den Anliegen der Ärzteschaft und der Patienten zu überdenken. Wir werden, wenn nötig,
alle Eskalationsstufen des demokratischen Protests nutzen."

Welche Maßnahmen wann gesetzt werden bzw. ob es überhaupt zum Streik kommen wird, blieb vorerst aber offen. Die Wiener Ärztekammer hat mit dem Beschluss für Kampfmaßnahmen auch ein eigenes "Aktions- und Streikkomitee" nominiert. Das Gremium, dem auch Kammerpräsident Thomas Szekeres angehört, wird nun einen Fahrplan für die weitere Vorgehensweise bis hin zu einem eventuellen Streik ausarbeiten.

Keine Einschnitte für Notfallsversorgung?

Außerdem soll das Komitee auch sicherstellen, "dass im Falle von Arbeitsniederlegungen keine Einschnitte in der Notfallversorgung erfolgen", hieß es in einer Aussendung: "Unsere Patienten können darauf vertrauen, bei absoluter Dringlichkeit natürlich in gewohnter Weise betreut zu werden", wird Szekeres zitiert. Laut Sprecher wurde
das Gremium nicht zuletzt deshalb nominiert, um schnell handeln zu können. Denn die gesamte Kurie angestellte Ärzte sei zu groß. Das erste Mal soll das Komitee sehr zeitnah zusammentreten, sagte der Kammersprecher.

Ressortchefin Wehsely hatte sich erst am gestrigen Dienstag recht entspannt angesichts der Streikdrohungen der Ärzteschaft gezeigt. Sie argumentierte, dass der Pakt in Sachen Arbeitszeitregelung inklusive entsprechender Begleitmaßnahmen schon vor einem Jahr mit der Ärztekammer gemeinsam beschlossen worden sei und nun auch wie ausgemacht umgesetzt werde. Davon werde "keinen Millimeter" abgerückt. Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) leistete ihr heute Schützenhilfe und kritisierte, dass die Kammer internen Wahlkampf betreibe und dafür die Patienten verunsichere.

KAV hat "kein Verständnis"

Der Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) kann Beschluss der Ärzte nicht nachvollziehen. Man habe dafür "kein Verständnis", ließ KAV-Chef Udo Janßen per Aussendung wissen. Erst durch den in Aussicht gestellten Protest werde die Versorgung der Patienten aufs Spiel gesetzt, warf er der Standesvertretung vor.

Janßen erinnerte die Kammer erneut an das gemeinsam
ausverhandelte Paket zur Implementierung des neuen
Arbeitszeitgesetzes inklusive Verlegung von Nachtdiensten in den Tag. "Die Vereinbarung aus dem Juli 2015 trägt fünf Unterschriften, und es scheint, als wären die nur seitens der Stadt und der Gewerkschaft, nicht aber für die Ärztekammer verbindlich gültig - das ist nicht akzeptabel", so Janßen. Er habe kein Verständnis dafür, dass auf dem Rücken von Personal und Patienten Standespolitik
gemacht werde.

Die medizinische Versorgung in Wien funktioniere gut - auch in der Nacht - und die eingeleiteten Veränderungen würden zur weiteren Verbesserung beitragen. "Die von der Ärztekammer beschrieben Zustände sind schlicht und einfach falsch", erboste sich der KAV-Genderaldirektor. Unterversorgung drohe erst dann, wenn die
Ärztekammer einen Streik "anzettelt".

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