Die deutsche Luftwaffe erwägt den Rückzug von dem türkischen Stützpunkt für Anti-IS-Einsätze. Ankara hatte Politikern den Besuch in Incirlik verwehrt. Kanzlerin Merkel hofft auf ein Einlenken. Die SPD setzt ein Ultimatum.
Die deutsche Bundeswehr bereitet sich auf einen möglichen Abzug vom türkischen Luftwaffenstützpunkt Incirlik vor. Wie der "Spiegel" in der Nacht zum Donnerstag unter Berufung auf Bundeswehrkreise berichtete, wird geprüft, ob die "Tornado"-Aufklärer/Jagdbomber und Tankflugzeuge nach Jordanien oder Zypern verlegt werden können. In Incirlik sind 250 Bundeswehrsoldaten stationiert, die den US-geführten Kampf gegen die Extremisten-Miliz Islamischer Staat (IS) mit Aufklärungsflügen unterstützen.
Dazu müssten jedoch die Aufklärungseinsätze wegen des Umzugs für mindestens zwei Monate unterbrochen werden. Auch aus anderer Hinsicht wäre eine Verlegung für die deutschen Militärs mit Problemen verbunden: Sowohl der Informationsaustausch mit den USA als auch die technische Versorgung der Jets und Soldaten wäre weitaus komplizierter.
SPD für Abzug der "Tornados"
Das Verteidigungsministerium habe zu den internen Planungen keine Einzelheiten nennen wollen, hieß es. "Wir würden den Einsatz für die Koalition gern von der Türkei aus fortsetzen, der Standort Incirlik ist für unsere Mission aber nicht alternativlos", sagte ein Sprecher dem Magazin zufolge. Aus dem Auswärtigen Amt hieß es lediglich, derzeit gebe es "keine Bewegung" bei der ablehnenden Haltung der Türkei für die Besuche von deutschen Abgeordneten.
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel sagte am Donnerstag bei einem Besuch in Prag, sie hoffe auf ein Einlenken der Türkei. Die Bundeswehr habe in Incirlik sehr gute Bedingungen vorgefunden und operiere erfolgreich von diesem Stützpunkt. Dazu gehöre aber auch, dass Bundestagsabgeordnete die dort stationierten deutschen Soldaten besuchen könnten. Denn die Bundeswehr sei eine Parlamentsarmee. Darüber werde mit der Türkei gesprochen.
Die Türkei verwehrt deutschen Abgeordneten seit Wochen den Besuch in Incirlik. Als Auslöser gilt eine Resolution des Bundestags, der Anfang Juni das Massaker des Osmanischen Reiches an den Armeniern vor 100 Jahren als Völkermord verurteilte. Der Streit belastet die deutsch-türkischen Beziehungen massiv.
SPD setzt Frist bis September
Die deutsche SPD setzte der Türkei für eine Reise von deutschen Bundestagsabgeordneten ein Ultimatum bis September. Andernfalls werde das im Dezember auslaufende Mandat für den Bundeswehr-Einsatz dort nicht verlängert, kündigte der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Rainer Arnold, am Donnerstag an.
Die Sozialdemokraten fordern nun nicht nur den kompletten Abzug der "Tornados" von dem Luftwaffenstützpunkt in der Türkei. Sie wollen sich auch gegen die deutsche Teilnahme an einer Nato-Aufklärungsmission gegen den IS stellen, berichtet der "Spiegel". Ohne deutsche Teilnahme würde die Operation jedoch scheitern.
(APA/Reuters)