Wer den Millennial-Fetisch bedient, verliert viele Talente

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Die Elite der nach 1980 geborenen Mitarbeiter fordert die Unternehmen heraus, über Sinn der eigenen Tätigkeit nachzudenken.

Richtig, Unternehmen (und vor allem Personalisten) sollten vorsichtig mit „Schubladisierungen“ sein: Und doch ist die Einordnung der Mitarbeiter in Generationen samt typischen Zuschreibungen hilfreich – und vereinfacht die Diskussion. Da ist die Rede von den Veteranen (vor 1946 geboren), den Babyboomern (1946 bis 1964), Generation X (1965 bis 1979), Generation Y (1980 bis 1994) und der Generation Z (nach 1994 geboren).

Und um die Generation Y, auch Millennials genannt, geht es in einer Breakout-Session heute Mittwoch um 11 Uhr in der Hauptschule. Denn die Millennials werden demnächst die größte Generation auf dem Arbeitsmarkt bilden.
Was diese Altersgruppe charakterisiert, fasst Jan Krims, Direktor für Human Capital bei bei Deloitte in Wien, zusammen:

► Sie stelle eine zentrale Frage: „Was gibt es an persönlichen Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten?“, sagt Krims. Und sie hätte wenig Geduld, wenn die Versprechen nicht eingehalten werden.
► Ebenso zentral sei die Frage: „Warum tun wir als Organisation, was wir tun (außer Geld zu verdienen) und warum soll ich tun, was ich hier tue?“
► Die Generation habe klare Vorstellungen von den Arbeitsbedingungen. Die Flexibilität, sich die Arbeit selbst einteilen zu können, sei außerordentlich wichtig. Das führe mitunter auch zur Konfrontation mit dem Unternehmen und dessen Vorstellungen.
► Und überraschend – oder nicht: Die Bezahlung und die Vergleichbarkeit der Gehälter sei den Millennials wichtig.
Außerdem wollen zwei Drittel bis zum Jahr 2020 ihren Jobwechsel. Die Loyalität zum Unternehmen sei zudem stark daran gekoppelt, wie rasch Führungsverantwortung übertragen werde.

Martina Schorn, Forscherin am Wiener Institut für Jugendkulturforschung, ergänzt noch einen Punkt: „Die Generation setzt ihre Problemlösungskompetenz nicht nur im Job ein – sie will auch gesellschaftlich etwas bewegen.“
Das klingt nach den idealen Mitarbeitern, die daher jedes Unternehmen für sich haben wolle.

Schorn, aber auch Krims weisen darauf hin: Diese Zuschreibungen gelten lediglich für eine sehr gut ausgebildete, erfolgsorientierte, meist auch international vernetzte Minderheit. Darunter fiel höchstens ein Viertel dieser Generation, sagt Schorn.Daher dürfe man den großen „Rest“ nicht aus den Augen verlieren. Oder, wie es Schorns Kollege Philipp Ikrath formuliert: „Wer den Millennial-Fetisch bedient, verliert viele Talente aus der Kohorte.“

Die zuvor angesprochene Elite könne sich dank dieses Hintergrundes gewisse Ansprüche leisten, sagt Krims. Das fordere die Unternehmen und sei gleichzeitig eine Chance, sich wichtige Führungsfragen zu stellen: Können wir den Sinn vermitteln, können wir Inhalte transparent transportieren?

Den Dialog forcieren

Krims rät daher zum Dialog innerhalb der Organisation zwischen Führungskräften und Millennials über Zuschreibungen und falsche oder unbekannte Erwartungen. Dabei sollten auch scheinbar heikle Themen angesprochen werden: „Das führt zu Aha-Erlebnissen auf beiden Seiten.“

Doch gibt es auch Unternehmen, Sparten oder gar Branchen, wo die Millennials nicht unbedingt hinpassen würden? In dieser Frage scheiden sich die Geister. Millennials passen gut in große Unternehmen, in denen es entsprechende Aufstiegschancen gebe, sagen die einen. Und sie passen gut in Unternehmen, in denen Kreativität gefragt und Flexibilität möglich ist. In der Industrie, sagen andere, würden sie sich kaum wohlfühlen, weil dort vielfach traditionelle Strukturen den Alltag bestimmen.
Jan Krims will sich darauf nicht festlegen, für welche

Branchen Millennials und welche Branchen für Millennials attraktiv sind. „Die Produzierende Industrie beantwortet die Frage nach dem Sinn und Zweck oft viel greifbarer als der Dienstleistungssektor.“ Entscheidend sei viel mehr die Frage nach den Kunden eines Unternehmens: Immer dort, wo sich auch bei den Kunden Millennials finden würden, brauche man ein entsprechendes Pendant in der eigenen Organisation. (mhk)

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