Unzufrieden mit Berichten: Im ORF Burgenland wird umgerührt

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ORF-Chef Alexander Wrabetz sucht sein Team, Burgenlands Landesdirektor und Chefredakteur dürften auf Wunsch der Landesregierung ausgetauscht werden.

Nach der Wiederbestellung von ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz hat diese Woche die Suche nach den Direktoren und Landesdirektoren, die am 15. September durch den ORF-Stiftungsrat gewählt werden, wieder an Fahrt aufgenommen. Gröbere Umbesetzungen sind im ORF-Landesstudio Burgenland geplant. Neben dem dortigen Landesdirektor Karlheinz Papst soll auch Chefredakteur Walter Schneeberger seinen Sessel räumen. Hintergrund: Die burgenländische SPÖ gibt der Flüchtlingsberichterstattung des ORF die Mitschuld am Verlust von drei Mandaten bei der Landtagswahl im vorigen Jahr. Und seit Bestehen der Koalition mit der FPÖ fühlt man sich vom ORF generell schlecht behandelt. Im Herbst vergangenen Jahres wurde deshalb bereits die burgenländische ORF-Stiftungsrätin Brigitte Kulovits-Rupp, Sprecherin der burgenländischen Arbeiterkammer, durch Martin Ivancsics ersetzt. Er war von 2000 bis 2010 Büroleiter von Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ).

Im Zuge der Direktorenwahl soll nun auch das ORF-Landesstudio neu aufgestellt werden. Papst und in der Folge auch Schneeberger sollen ersetzt werden. Bei der Bestellung des jeweiligen Landesdirektors haben die Landeshauptleute lauf ORF-Gesetz ein Anhörungsrecht. Im Büro von Landeshauptmann Niessl wollte man den Bestellungsvorgang auf APA-Anfrage nicht näher kommentieren. "Wir warten jetzt einmal die Bewerbungsfrist ab, die läuft noch eine Woche. Wir sind gespannt, wer sich bewerben wird für den Landesdirektor", so Niessl-Sprecher Herbert Oschep. Ivancics hatte zuvor bereits für einen "Erneuerungsschub" im Landesstudio plädiert. Wenn man einen Job "länger als zehn Jahre" mache, beginne man irgendwann "zu verwalten", so Ivancsics in Richtung Papst.

Dass Ivancsics bei der Wahl des Generaldirektors seine Stimme für Wrabetz mit dem Wunsch nach einer Ablöse des burgenländischen Landesdirektors geknüpft habe, dementierte dieser. Als Ivancics' Wunschkandidat wird Werner Herics kolportiert, der zuletzt als Leiter Organisation im Standortprojekt fungierte.

Neben dem SPÖ-Favoriten gilt Doris Fennes-Wagner als aussichtsreiche Anwärterin für den Landesdirektoren Job. Fennes-Wagner war Programmchefin im Landesstudio Burgenland und arbeitet derzeit als Gleichstellungsbeauftragte des ORF. Der amtierende ORF-Landeschef Papst, der in den vergangenen Jahren auch als Sprecher der ORF-Landesdirektoren fungierte, wird sich ebenfalls um die Stelle des Landesdirektors bewerben.

Gebühren? Erst Reformen

Bewegung gibt es freilich auch am Küniglberg. Die ORF-Stiftungsräte der ÖVP wollen eine Erhöhung der ORF-Programmentgelte nur dann mittragen, wenn es zu Reformen im ORF kommt. Dies erklärte Thomas Zach, Leiter des ÖVP-"Freundeskreises" im obersten ORF-Gremium. Zu Personalspekulationen rund um die am 15. September angesetzte Bestellung der Direktoren und Landesdirektoren wollte sich Zach nicht äußern.

Für ihn gehe zuerst um ein Reformpaket: in der Unternehmensstruktur, insbesondere der Information, bei der Governance beziehungsweise Führung des ORF sowie bei den Finanzen. Der ÖVP-Stiftungsrat spricht sich - wie vor der Wahl des ORF-Generaldirektors - gegen jede Zentralisierung der Information aus. "Das ist eine klare Absage an den General-Infodirektor." Weiters forderte Zach ein "durchgängiges 4-Augen-Prinzip" bei allen wesentlichen Entscheidungen sowie Sparmaßnahmen in der Struktur, insbesondere der Technik, um Mittel fürs Programm freizuspielen und die Finanzierung des ORF sicherzustellen. "Eine Gebührendiskussion kann erst danach stattfinden."

Grasl als NÖ-Landesdirektor? Unwahrscheinlich

Dass sich die ÖVP, insbesondere der starke niederösterreichische Flügel der Volkspartei, im Hintergrund für einen Verbleib von ORF-Finanzdirektor Richard Grasl stark und davon auch die Zustimmung zu einer Erhöhung der ORF-Programmentgelte abhängig macht, wollte Zach nicht kommentieren. "Das sind Gerüchte. Bevor wir uns mit Personalspekulationen vertun, sollten wir uns mit Reformen beschäftigen", so der ÖVP-Stiftungsrat.

Der von der SPÖ unterstützte ORF-Generaldirektorplant sein Direktorenteam derzeit jedenfalls ohne seinen Konkurrenten bei der Generaldirektorenwahl. Wrabetz hat Grasl dem Vernehmen nach aber den Posten des Landesdirektors von Niederösterreich angeboten, ein Offert, das für den Finanzdirektor keinesfalls infrage kommen dürfte. Grasl, der mit Jahresende wohl aus dem ORF ausscheidet und der nach einem etwaigen Regierungswechsel inklusive ORF-Reform in den nächsten zwei Jahren gute Chancen auf ein ORF-Comeback hat, wollte die aktuellen Spekulationen um seine Person nicht kommentieren.

"Wie wenn man geschiedene Frau wieder heiratet"

Deutlicher wurde der Kärntner Stiftungsrat Siggi Neuschitzer, der im August für Wrabetz als ORF-Chef gestimmt hatte. "Mein Wunsch wäre es von Anfang an gewesen, dass das Team um Wrabetz und Grasl seine gute Arbeit für weitere fünf Jahre fortsetzt. Nachdem die beiden aber mit zwei komplett konträren Konzepten angetreten sind, kann ich mir nicht vorstellen, dass jetzt einfach alles eitel Wonne ist und man weiter arbeitet, als wäre nichts gewesen. Das wäre ja so, als würde man seine geschiedene Frau wieder heiraten - ein No-Go."

(APA)

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