Immer mehr Frauen in Österreich ohne Job

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Trotz eines Allzeit-Beschäftigungshochs stieg die Zahl der Arbeitslosen im August weiter an. Frauen waren davon überproportional betroffen.

Wien. Mehr Jobs, aber auch mehr Arbeitslose: Auf dem heimischen Arbeitsmarkt hat sich der Trend der vergangenen Monate im August fortgesetzt. Zum Monatsende waren 388.624 Personen arbeitslos oder in Schulungen, im Jahresvergleich sind das um 4039 oder 1,1 Prozent mehr – ein neuer Rekordwert. Ohne Schulungsteilnehmer erreichte die Arbeitslosigkeit 329.862 Personen, das ist ein Plus von 0,8 Prozent.

Besonders stark waren – einmal mehr – Ausländer, ältere Menschen und gesundheitlich beeinträchtigte Personen betroffen. Im heurigen August traf es vermehrt aber auch Frauen: Während die Zahl der Männer auf Jobsuche leicht anstieg, erhöhte sich die Frauenarbeitslosigkeit deutlich stärker, vor einem Jahr war es noch umgekehrt. Rechnet man die Schulungsteilnehmer nicht mit, war die Arbeitslosenzahl bei Männern heuer im August sogar rückläufig (–0,5 Prozent), während sie bei Frauen um 2,4 Prozent anstieg.

Erklärbar ist das durch branchenspezifische Verschiebungen: So waren laut Sozialministerium in der Bauwirtschaft um 7,1 Prozent weniger Arbeitslose vorgemerkt als vor einem Jahr, in der Warenproduktion um 2,7 Prozent weniger und in der Arbeitskräfteüberlassung (die vor allem für die Bauwirtschaft Personal zur Verfügung stellt) um 3,5 Prozent weniger. Gestiegen ist die Arbeitslosigkeit dagegen im Gesundheits- und Sozialwesen und im Handel. Tendenziell ging sie somit in männerdominierten Berufen zurück, während sie in Bereichen mit vielen weiblichen Beschäftigten zunahm.

Nachfrage zieht deutlich an

Das Sozialministerium gewinnt den aktuellen Zahlen auch Positives ab: So habe sich die Jobsituation gerade in Branchen verbessert, die von der konjunkturellen Entwicklung direkt betroffen sind. Insgesamt verzeichne Österreich einen Allzeit-Beschäftigungshöchststand: Ende August hatten demnach 3.629.000 Personen ein unselbstständiges Beschäftigungsverhältnis, um 30.000 oder acht Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Auch mit dem Stellenangebot gehe es aufwärts: Zuletzt seien 43.100 offene Stellen gemeldet gewesen, um 35 Prozent mehr als vor einem Jahr – ein Zeichen, dass die Nachfrage nach Arbeitskräften anziehe. Noch aussagekräftiger sei, dass der gesamte Zugang an offenen Stellen beim AMS im heurigen Jahr um zwölf Prozent über dem Vergleichszeitraum des Vorjahres liege. Für eine Trendwende ist das freilich zu wenig: „Trotz positiver Entwicklung bei offenen Stellen und Beschäftigung ist das Wirtschaftswachstum nicht ausreichend, um das Arbeitskräftepotenzial abzudecken“, räumt Sozialminister Alois Stöger in einer Aussendung ein.

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Faktum ist, dass die Arbeitslosenzahl seit fünf Jahren steigt. Die Arbeitslosenquote nach nationaler Definition beträgt 8,3 Prozent, nach der internationalen Erhebungsmethode gemäß Eurostat liegt sie bei sechs Prozent, im EU-Vergleich rangiert Österreich auf Rang sechs. „Alarmierend“ nennt das ÖVP-Generalsekretär Peter McDonald, umso mehr angesichts der Tatsache, „dass Österreich am drittmeisten in Europa für aktive Arbeitsmarktpolitik ausgibt“. McDonald bekräftigt gegenüber der „Presse“ die ÖVP-Forderungen nach „besseren Möglichkeiten“ für das AMS – anders gesagt, nach strengeren Vorgaben für die Annahme von Jobs. Würde etwa bei Menschen mit Betreuungspflichten die Mindestverfügbarkeit für den Arbeitsmarkt von 16 auf 20 Wochenstunden angehoben, „stünden rund 30.000 Jobs für sie zur Verfügung, jetzt sind es 800“. Auch ein längerer Anfahrtsweg zur Arbeit müsse Arbeitslosen zumutbar sein. Zudem brauche es eine strengere Vollziehung des geltenden Rechts, meint er: Das System in Oberösterreich und Tirol, wo Betriebe Fehlverhalten von Arbeitslosen melden, zeige dort bereits Wirkung.

In Tirol nahm die Arbeitslosigkeit österreichweit am stärksten ab (–6,1 Prozent), freilich gibt es insgesamt ein Ost-West-Gefälle. Am stärksten war der Anstieg in Wien und Niederösterreich. Stichwort Wien: Hier sind besonders viele Menschen, die nur einen Pflichtschulabschluss haben, auf Jobsuche. Diese Gruppe macht laut AMS fast die Hälfte der 125.000 Arbeitslosen (ohne Schulungsteilnehmer) in der Bundeshauptstadt aus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.09.2016)

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