Facebook: Debatte um "Persilschein" für Hasspostings

A man poses with a magnifier in front of a Facebook logo on display in this illustration taken in Sarajevo
A man poses with a magnifier in front of a Facebook logo on display in this illustration taken in Sarajevo(c) REUTERS (Dado Ruvic / Reuters)
  • Drucken

Es wird kein Ermittlungsverfahren gegen Facebook wegen der Verbreitung von rassistischen und rechtsradikalen Postings geben. Das entschied die Staatsanwaltschaft St. Pölten.

Die Staatsanwaltschaft St. Pölten sieht im Zusammenhang mit der Verbreitung von Hasspostings im Absehen der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen Facebook keinen generellen Freibrief für das soziale Netzwerk. "Es ist keine Rede von Persilschein", sagte Staatsanwaltschaftssprecherin Michaela Schnell am Freitag der APA.

Die Staatsanwaltschaft St. Pölten hat eine Anzeige des Journalisten Michael Nikbakhsh, in dem dieser Facebook wegen Beitragstäterschaft zur Verhetzung angezeigt hatte, abgewiesen. Postings mit Gewaltaufrufen und rassistischen Inhalten seien trotz Aufforderung von Facebook nicht gelöscht worden, so der Kern der Anzeige. Die Ermittlungsbehörden erkannten keinerlei strafrechtliche Relevanz des Verhaltens von Facebook als Host-Provider.

Facebook hatte sich demnach nicht grundsätzlich geweigert, die Postings zu löschen, den von Nikbakhsh übermittelten Screenshots der Hassaufrufe hätten aber klare Adressen - sogenannte URLs (Uniform Resource Locator) - gefehlt, hieß es seitens der Staatsanwaltschaft. Bei Millionen von Postings wäre es ein zu hoher Aufwand gewesen, die angezeigten Botschaften zu finden.

Da Facebook damit keine "tatsächliche Kenntnis" hatte, wurde die Anzeige abgewiesen. Der Begriff der "tatsächlichen Kenntnis" sei nach Intention des Gesetzgebers eng auszulegen, heißt es im entsprechenden Schriftsatz der Behörde. Zugleich wies man darauf hin, dass bei der Vorbereitung des Entwurfs des E-Commerce-Gesetzes zwar zunächst erwogen wurde, den Host-Provider zu verpflichten, qualifizierten Hinweisen Dritter auf rechtswidrige Tätigkeit oder Information nachzugehen, letztlich sei davon aber abgesehen worden, weil eine solche Verpflichtung eine nicht intendierte Erweiterung der Verantwortlichkeit bedeutet hätte. Ein Provider ist demnach nicht verpflichtet, Hinweisen Dritter - mögen diese auch qualifiziert sein - bezüglich rechtswidriger Inhalte auf seinem Server nachzugehen.

(APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

A 3D plastic representation of the Facebook logo is seen in front of displayed cables in this illustration in Zenica
Medien

Hassposting-Offensive der Grünen stößt an ihre Grenzen

Parteichefin Eva Glawischnig klagte Facebook-User wegen übler Nachrede. Doch zwei entzogen sich der Verhandlung, nun kann kein Urteil fallen.
Internet

Twitter geht mit Qualitätsfiltern gegen Online-Trolle vor

Der Kurznachrichtendienst sah sich in den vergangenen Monaten der Nutzer-Kritik hinsichtlich massiver Zunahme an Hasspostings ausgesetzt. Zwei neue Einstellungsoptionen sollen diese nun eindämmen.
Hass im Netz - Überlegungen zu Meldestelle schreiten voran
Internet

Hass im Netz: Bestehende Meldestellen könnten ausgeweitet werden

Das Innenministerium überlegt, die Meldestelle "Stop extremists" oder jene gegen NS-Wiederbetätigung offiziell für das Bekanntgeben von Hasspostings zu öffnen.
Hasskriminalitaet nimmt zu
Kommentare

SPÖ hat das Problem "Hasspostings" nicht verstanden

Ein "Leitfaden" gegen Hasspostings ist ähnlich effektiv wie ein Pflaster auf einer klaffenden Wunde.
Internet

Hasspostings - Umgang von Facebook in der Kritik

In einer Podiumsdiskussion am Montagabend in Wien ging man unter anderem der Frage nach einem besseren Regelwerk nach.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.