Ohne Job schnappt Schuldenfalle zu

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Themenbild(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Arbeitslosigkeit ist laut Kreditschutzverband die zweithäufigste Ursache für eine Privatpleite. An erster Stelle liegen ehemalige Unternehmer.

Wien. Es ist ein fataler Teufelskreis: Man lebt – zumindest ein wenig – über die Verhältnisse, weil das Einkommen einfach nicht reicht oder man sich gern etwas mehr gönnt. Auto, aber auch Urlaub auf Pump – das ist keine Seltenheit. Die Folge sind Schulden. Wenn man dann noch den Job verliert, schnappt die Schuldenfalle schnell zu – und der Privatkonkurs ist unvermeidbar. Arbeitslosigkeit ist, wie die neue Studie des Kreditschutzverbands von 1870 (KSV) zeigt, auch der zweithäufigste Pleitegrund.

8829 Privatkonkursverfahren gab es im Vorjahr. Das waren um 4,9 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, was der Kreditschutzverband von 1870 (KSV) als prinzipiell positiv wertet, weil nur ein regelmäßiges Einkommen – also ein Job – die Möglichkeit bietet, das Entschuldungsverfahren durchzustehen. „Kandidaten“ für einen Privatkonkurs gibt es aber viel mehr – rund 100.000 Personen gelten hierzulande als überschuldet.

Was bringt einen Menschen so weit, dass er den Offenbarungseid leisten muss? Die Antwort liefert der KSV: Die ehemalige Selbstständigkeit steht an oberster Stelle. Fast ein Drittel (30 Prozent) der Privatpleiten entfällt auf Ex-Unternehmer. Vor elf Jahren, bei Einführung des Privatinsolvenzrechts, waren es noch 50 Prozent. KSV-Insolvenzexperte Hans-Georg Kantner weiß, warum: „Es werden immer mehr Firmeninsolvenzen eröffnet, und im Gegenzug sind die Abweisungen mangels Masse rückläufig.“ Der KSV fordert daher, dass über alle insolventen Unternehmen ein Verfahren eröffnet wird. Dies würde die Schuldenregulierung oder Sanierung deutlich erleichtern.

Selbstüberschätzung

Abseits vom Scheitern als Unternehmer sticht jedoch eine Ursache heraus: Arbeitslosigkeit liegt mit 17 Prozent an zweiter Stelle der Insolvenzgründe.

Aber auch eigenes Verschulden ist nicht zu unterschätzen: Jeder elfte Privatpleitier kann nur schlecht mit Geld umgehen. Fast ebenso viele haben sich einfach gewaltig überschätzt, was ihre finanzielle Leistungskraft anlangt.

Vorsätzlich – etwa durch Spekulation oder unrechtmäßige Kreditaufnahme – kommen indes nur ganz wenige Personen in die finanzielle Schieflage. Da bilden Lebenskrisen wie Scheidung, Unfall oder chronische Krankheit schon deutlich öfter (11,7 Prozent) den Grund für Geldprobleme. Entgegen dem Vorurteil spielen Drogenkonsum oder Spielsucht kaum eine Rolle.

Seit der Einführung des Privatkonkurses sind mehr als 120.000 Verfahren eröffnet worden. Bei etwa 73 Prozent ist es laut KSV zu einer Einigung zwischen Schuldner und Gläubigern mittels Zahlungsplan gekommen. Der Schuldner muss sich verpflichten, binnen sieben Jahren mindestens zehn Prozent seiner Verbindlichkeiten abzuzahlen. Danach wird er vom Rest der Schuld befreit. Im Schnitt stehen Privatpleitiers mit 63.100 Euro in der Kreide – bei Ex-Unternehmern sind es 290.000 Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.09.2016)

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