Kern: „Das Ziel ist Vollbeschäftigung“

APA/GEORG HOCHMUTH
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Die Zuwanderung müsse auf ein bewältigbares Maß begrenzt werden, sagte der Kanzler in seinem ersten ORF-Sommergespräch. Zudem bringt er die Erbschaftssteuer wieder in Diskussion.

Er war Christian Kerns erstes ORF-Sommergespräch als Bundeskanzler und SPÖ-Chef. Ja, die Politik sei ein kurzatmiger Betrieb, von dem man sich aber nicht verrückt machen lassen dürfe, sagte er zu Beginn über seine ersten Monate im Amt. In den ersten hundert Tagen sei jedenfalls viel passiert: das Bildungspaket oder die Voraussetzungen für tausende Arbeitsplätze in der Gründerszene seien geschaffen worden. „Wir liefern permanent“, so Kern.

Einen Wahlkampf sehe er noch nicht heraufdräuen, meinte der Kanzler. Es solle eine transparente politische Diskussion auch mit dem Koalitionspartner geben. Die Distanz zur Bevölkerung solle überwunden werden.

Arbeitsplätze schaffen („200.000 neue bis 2020“), die Kaufkraft stärken, die kalte Progression abschaffen – das seien seine Ziele.  Langzeitarbeitslose sollen besser qualifiziert werden, um wieder in den Arbeitsmarkt zu finden. Es soll eine Ausbildungspflicht bis 25 geben. „Das Ziel ist Vollbeschäftigung.“ Zudem sei Österreich über die Maße überreguliert, der Zugang zum Unternehmertum sei hier sehr schwer.

Ein weiterer Schwerpunkt sei die Integration. Die Zuwanderung soll auf ein Maß begrenzt werden, so dass diese noch bewältigbar sei. Auch im Sinne der ansässigen Bevölkerung. Dies soll auch in Kooperation mit den Ungarn geschehen – mittels gemeinsamer Kontrollen an den Grenzen. „Wir haben hier eine Verantwortung“, sagte Kern auf die Frage, ob auch er an der „Festung Europa“ arbeitete. Die Menschen hätten Befindlichkeiten, Sorgen, wie er jüngst bei einem Gasthausbesuch in Simmering erfahren habe. „Da steht der Zusammenhalt in unserer Gesellschaft auf dem Spiel.“ Diesem Thema müsse man sich stellen. In Afrika, nahe ihren Herkunftsorten müssten Aufnahmezentren für Flüchtlingswillige geschaffen werden.

Seine SPÖ-Mitgliederbefragung in Sachen CETA verteidigte Kern: Man müsse weg vom „Alte-Tanten-Image“ der SPÖ hin zu mehr Mitbestimmung. CETA würde – wie bisher auch schon die EU – die Handlungsspielräume Österreichs in wichtigen Bereichen einschränken. Und er fügte ein wenig platitüdenhaft hinzu: Es solle ein Europa der Menschen und nicht eines der Konzerne geben.

Wifo erarbeitet Kern-Plan

Seit Anfang des Jahres ist die Grunderwerbssteuer für jene Realität, die ein Haus oder eine Wohnung erben. Geht es nach den Plänen von Christian Kern, der das Steuersystem umbauen will, wird künftig nicht nur bei Immobilien, sondern bei allen Erbschaften eine Steuer fällig. Denn die Wiedereinführung einer generellen Erbschafts- und Schenkungssteuer sei ebenfalls in den Reformplänen des Parteichefs enthalten, heißt es in der SPÖ.

Derzeit erarbeiten Experten des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), auf deren Pläne Kern Bezug genommen hat, eine Steuerreform im Zuge ihres Forschungsprogramms „Österreich 2025“. Details daraus wollte Wifo-Expertin Margit Schratzenstaller im „Presse“-Gespräch nicht nennen. Sie betonte aber, dass eine Erbschaftssteuer „notwendig und richtig“ sei.

Als mögliches Modell nennt Schratzenstaller eines mit „hohen Freibeträgen“. Erst wenn diese Grenze überschritten ist, wäre die Steuer fällig. Unter Kern-Vorgänger Werner Faymann wurde immer wieder ein Freibetrag von einer Million Euro genannt (inklusive Immobilienvermögen).

In Deutschland orientieren sich die Freibeträge bei Erbschaften am Verwandtschaftsverhältnis, sie liegen zwischen 200.000 und 500.000 Euro. Alles, was diese Summen übersteigt, muss mit sieben bis 50 Prozent versteuert werden (wieder je nach Verwandtschaftsverhältnis und Wert der Erbschaft).

Für die Weitergabe von Unternehmen innerhalb der Familie sieht das Wifo-Modell Sonderregelungen vor. Welche genau, daran rechne man derzeit. Deshalb muss man vermutlich noch ein wenig auf detaillierte Kern-Pläne warten: Das Wifo wird sein Projekt „Österreich 2025“ erst gegen Ende des Jahres präsentieren.  (rie/oli)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.09.2016)

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