Der geplante Besuch des FPÖ-Präsidentschaftskandidaten beim Präsidenten in der Prager Burg wird zum Titelthema der tschechischen Zeitungen.
Prag. Die Politik in Prag hält sich bisher auffallend zurück, was das für Montag anberaumte Treffen des tschechischen Präsidenten, Miloš Zeman, mit dem FPÖ-Präsidentschaftskandidaten, Norbert Hofer („Die Presse“ hat berichtet) angeht. Außenminister Lubomír Zaorálek wiegelte im Sender Radiožurnál ab: „Herr Hofer ist in einer Art Rotationsprozess im Wiener Parlament demnächst österreichischer Präsident. So viel ich weiß, sieht das niemand in Österreich als eine Einmischung an.“ Und auf die Nachfrage, ob es strategisch richtig sei, nur einen der beiden Kandidaten zu empfangen, sagte er: „Ich würde nicht glauben, dass das Bedeutung für den Ausgang der Wahlen in Österreich hat.“
Etwas spitzer reagierte da schon Karel Schwarzenberg, der Vorsitzende des Außenpolitischen Ausschusses im Prager Abgeordnetenhaus: „Dass sich Zeman und Hofer in vielen Dingen einig sind, weiß ich seit Langem, aber mir wäre nicht eingefallen, dass sie dies unmittelbar vor den Wahlen auf diese Weise öffentlich demonstrieren.“
Die großen Tageszeitungen schlugen sehr viel schärfere Töne an. Die konservative „Lidové noviny“ machte das Treffen gar zum Aufmacher auf der Titelseite und erinnerte daran, dass die Begegnung nur drei Wochen vor dem Wahlgang in Österreich über die Bühne geht. „Und das, wo es um jede Stimme geht.“ Das Treffen komme zwar auf Wunsch Hofers zustande, Zeman aber habe verschiedentlich deutlich gemacht, dass er dem Freiheitlichen im Duell mit dem Grünen Alexander Van der Bellen die Daumen drücke.
Das Blatt ging zurück in das Jahr 2002 und zitierte Zeman mit den Worten: „Je eher sich die Österreicher von (Jörg) Haider und seiner postfaschistischen Partei befreien, desto besser.“ Zeman hatte seinerzeit als tschechischer Premier die Sanktionen der EU-Staaten gegen Wien wegen der Regierungsbeteiligung der FPÖ unterstützt, obwohl Tschechien damals noch gar nicht EU-Mitglied war. Zemans Sprecher sagte dazu: „Seit den Zeiten Haiders ist es zu einem eindeutigen und vor allem durchschlagenden Wandel gekommen.“
Hofer, schrieb die „Lidové noviny“ weiter, sei nicht eben immer nett zu den tschechischen Nachbarn gewesen. Er habe beispielsweise als umweltpolitischer Sprecher seiner Partei die Abschaltung des „Schrottreaktors“ Temelín verlangt. Und: Wegen des AKWs gehöre Tschechien überhaupt nicht in die EU.
Die wirtschaftsliberale „Hospodářské noviny“ nannte es „unüblich, dass sich der Präsident eines fremden Staats in einen Wahlkampf einschaltet und einen der Kandidaten unterstützt“. Somit habe der Empfang Zemans für Hofer „alle Zutaten eines diplomatischen Skandals“. Es stehe dem tschechischen Präsidenten nicht zu, „sich zum Richter oder Animateur der österreichischen politischen Debatte aufzuschwingen“.
„Eine gute Nachricht für Europa“
Eine ganz andere Sichtweise offenbarte die liberale „Mladá fronta Dnes“. Sie malte das Zukunftsbild eines Bündnisses zwischen Österreich unter einem Präsidenten Hofer und den vier Visegrád-Staaten Tschechien, Polen, Ungarn und Slowakei: „Gerade ein Bündnis der V4 mit Österreich könnte die ständige kritische Rhetorik aus dem Zentrum Europas gegen Visegrád eindämmen.“ Bisher nehme diese Länder niemand ernst. Jeder mit abweichender Haltung zur offiziellen EU-Doktrin gelte sofort als Populist, Nationalist oder bezahlter Agent Russlands, kritisierte das Blatt. Auf einmal müsste man dann aber mit diesen Staaten zu verhandeln beginnen. Eine Stärkung der V4, die zu einer „Stimme der Vernunft“ geworden seien, wäre eine „gute Nachricht für Mitteleuropa wie für Europa überhaupt“. Ein Bündnis beider Präsidenten würde dem mit Sicherheit nützen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.09.2016)