ÖVP-Generalsekretär Amon: „Ich schätze den Bundeskanzler“

ÖVP-Generalsekretär Werner Amon
ÖVP-Generalsekretär Werner Amon(c) Die Presse - Voithofer Valerie
  • Drucken

Der neue ÖVP-Generalsekretär, Werner Amon, über Brüche in seiner Karriere, den talentierten Sebastian Kurz, TTIP, Thomas Klestil und die Freude am Sachkonflikt.

Die Presse: Sie haben bei Ihrer Antrittspressekonferenz gesagt: „Wir werden Sie überraschen!“ Also: Überraschen Sie uns!

Werner Amon: Ein wichtiger Punkt ist der Stil. Dass man Wadlbeißerei nicht als seine Hauptaufgabe betrachtet, sondern mit Freude den Sachkonflikt sucht.

Ihr Vorgänger wollte ein politischerer Generalsekretär sein – was ihm letztlich nicht gelungen ist. Wollen Sie das auch?

Es wäre völlig falsch, würde man als Generalsekretär kein politischer sein wollen.

Die Rolle eines politischen Generalsekretärs hat zuletzt ja auch Klubchef Reinhold Lopatka ausgefüllt.

Er ist der politische Klubobmann. Ich bin der politische Generalsekretär. Das ist eine ganz klare Aufgabenteilung.

Sie sind jetzt nicht gerade ein Signal der Erneuerung und Modernität, Sie sind seit einer gefühlten Ewigkeit in der Politik.

Auch Journalisten sind oft sehr lang in ihrem Job. Und das ist durchaus positiv. Denn ich arbeite gern mit Profis. Gerd Bacher hat einmal – aus Anlass der Wiederwahl Thomas Klestils, als es viele Quereinsteiger gab – gemeint, das sei doch seltsam, dass die Politik anscheinend das einzige Geschäft ist, in dem es angeblich von Vorteil ist, keine Ahnung davon zu haben, wenn man eintritt.

Klestil war bei seiner ersten Wahl allerdings auch ein Quereinsteiger.

Er war schon deshalb kein Quereinsteiger, weil die Außenpolitik eine Kernkompetenz des Bundespräsidenten ist und Thomas Klestil bekanntlich Karrierediplomat war.

Ihre eigene Karriere war immer wieder auch von Brüchen gekennzeichnet, in der Telekom-Affäre stand sie sogar vor dem Aus. Die „Kleine Zeitung“ hat einmal geschrieben, Sie würden sich einfach den Staub vom Sakko klopfen und weitermarschieren. Trifft das Ihre Lebenshaltung?

Nein. Weil das einen negativen Beigeschmack hat. Ich bin ein grundsätzlich optimistischer Mensch.

In dieser Telekom-Geschichte ging es darum, dass der Lobbyist Peter Hochegger der Zeitschrift des ÖAAB, dessen Generalsekretär Sie waren, 10.000 Euro für was auch immer hat zukommen lassen.

Nicht für was auch immer. Es war ein Druckkostenbeitrag.

Für den es keinen Beleg gab.

Doch, es gab einen Beleg. Das ist auch eingegangen in die Buchhaltung. Das Problem war, dass es kein explizites Belegexemplar gab, für welche Drucksorte das Geld war. Das war ein Fehler der Buchhaltung. Ich wurde von der Staatsanwaltschaft ja auch nicht als Person verfolgt, sondern in die Organhaftung genommen. Und diese Ermittlungen wurden dann noch im Vorverfahren eingestellt.

Reden wir über die ÖVP: Diese liegt in manchen Umfragen bei 18 Prozent.

In anderen ein bisschen höher. Aber wir können uns sofort darauf einigen, dass das zu wenig ist. Warum ist das so? Das hat viel zu tun mit der Situation, wie wir sie insbesondere im vergangenen Jahr erlebt haben. . .

Aber das ist ja das Erstaunliche: Die ÖVP war unbestritten die treibende Kraft in der Änderung der Flüchtlingspolitik der Regierung, profitiert aber nicht davon.

Die Konzentration auf dieses Thema war auch ganz wichtig. Weil wir ja auch in der ministeriellen Verantwortung die sind, die für Sicherheit sorgen. Aber: Das ist von den Themen, mit denen wir uns beschäftigen müssen, zu wenig. Man muss auch deutlich machen, wofür wir sonst noch stehen: bei Fragen des Standorts, des Arbeitsmarkts, der Arbeitszeitflexibilisierung . . .

Für Freihandel steht die ÖVP anscheinend nicht mehr.

Die ÖVP ist ausdrücklich für Freihandel. Das Problem mit TTIP ist: Dieses wurde durch das Prozedere zerstört. Es ist so viel Misstrauen entstanden durch die falsch verstandene Geheimhaltung. Bei Ceta sehe ich das anders: Das ist ein recht gutes Abkommen.

Mit den Schiedsgerichten haben Sie ein Problem, oder nicht?

Die Frage ist, wie nötig das noch ist, ob man sich unter entwickelten Staaten nicht auf die ordentlichen Gerichte verlassen kann.

Was halten Sie von Christian Kern?

Ich schätze den Herrn Bundeskanzler. Er ist unser politischer Partner. Und ich hoffe, dass er, was ihm an Vorschusslorbeeren gegönnt war, auch umsetzen kann. Was ich nicht will, sind neue Steuern. Auch keine Maschinensteuern.

Aber irgendetwas wird man sich einfallen lassen müssen, um den Sozialstaat zu finanzieren, wenn durch die Automatisierung klassische Arbeitsplätze wegfallen.

Was die Maschinensteuer betrifft, bin ich gänzlich anderer Meinung. Es ist wahr: Die Fabrikshallen beherbergen heute nicht mehr so viele Menschen wie früher. Auf der anderen Seite entstehen rund um solche Produktionsstätten aber neue, hochqualifizierte Arbeitsplätze im technischen Bereich.

Wird Reinhold Mitterlehner Spitzenkandidat bei der Nationalratswahl sein?

Wenn keine andere Entscheidung getroffen wird, wird der Bundesparteiobmann der Spitzenkandidat sein.

Der steirische ÖVP-Chef, Hermann Schützenhöfer, sagt: Wir haben ein Trumpf-Ass, Sebastian Kurz, und wir müssen uns genau überlegen, wann wir es ausspielen.

Mir gefällt der Vergleich mit einem Kartenspiel nicht so wirklich. Sebastian Kurz ist wahrlich ein politisches Talent. Und wir werden notwendige Entscheidungen dann treffen, wenn sie zu treffen sind.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.09.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Parteichef Mitterlehner und sein neuer Generalsekretär Werner Amon
Politik

Amon: "Werden unserem Namen ,Volkspartei' sehr gerecht"

Der neue ÖVP-Generalsekretär sagt, er hält nichts von Neuwahlen. Sachkonflikte sollten von den Medien nicht immer als Streit dargestellt werden.
Parteichef Reinhold Mitterlehner stellt Werner Amon (rechts) als neuen Hoffnungsträger der Partei vor.
Innenpolitik

Ein Profi soll das ÖVP-Profil schärfen

Werner Amon soll als neuer Generalsekretär präsenter sein als sein Vorgänger. Mit ihm will die Volkspartei die Gangart gegenüber dem Koalitionspartner verschärfen.
Kommentare

Er schafft es – wahrscheinlich – nicht

Mitterlehners (Neu-)Anfang vo(r)m Ende?
Werner Amon.
Innenpolitik

Werner Amon, der „nicht naive“ General

Der 47-jährige Werner Amon hatte schon so manche Funktion in der Partei inne. Nur nie in der ersten Reihe.
Mitterlehner, Amon, McDonald
Politik

Amon: "Bin lange genug dabei, um nicht naiv zu sein"

Der neue ÖVP-Generalsekretär will "überraschen, darauf können Sie sich verlassen". Seinem Vorgänger dankt er für das "wohlorganisierte Haus".

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.