Für die SPÖ ist das geforderte Verbot von Gebühren nicht nur im Interesse der Kunden, sondern auch der Geldinstitute.
Wien. Es kommt häufig vor, dass sich die beiden Regierungsparteien SPÖ und ÖVP bei einem Thema nicht einig sind und das auch offen kundtun. Es kommt aber keineswegs alle Tage vor, dass die rot-schwarzen Koalitionspartner getrennt jeweils einen eigenen Gesetzesentwurf vorlegen, mit denen die Kluft dokumentiert wird. In der Auseinandersetzung um die Einhebung von Gebühren, wenn Kunden bei Bankomaten Geld abheben, ist diese Frontstellung mit zwei unterschiedlichen Gesetzesplänen jedoch inzwischen Faktum.
Sozial- und Konsumentenschutzminister Alois Stöger (SPÖ) hat, wie berichtet, schon Ende Juli einen Entwurf präsentiert, mit dem den Betreibern von Bankomaten das Kassieren von Gebühren per Gesetz verboten werden soll. Der an sich zuständige Finanzminister, Hans Jörg Schelling (ÖVP), hatte im August ebenfalls einen Gesetzesentwurf an den Regierungspartner übermittelt. Mit diesem würden Gebühren nicht untersagt, aber für Kunden muss klar gekennzeichnet werden – und zwar vor dem Abheben –, dass auch Gebühren anfallen. Betroffenen muss außerdem das Recht eingeräumt werden, die Abhebung dann abzubrechen.
SPÖ-Klubchef: „Ein sinnvoller Weg“
Die SPÖ lehnte das Vorhaben des Finanzministers postwendend ab. Damit gibt es vorerst ein Patt in der Regierung – weder mit einem gesetzlichen Verbot noch mit mehr Transparenz und Kennzeichnungspflicht für die Kunden. Stöger wird es dabei nicht bewenden lassen. Wie er der „Presse“ ankündigte, möchte er nun die Vertreter der Banken zu einem Gipfel zu den Bankomatgebühren an einen Tisch bekommen. Der Konsumentenschutzminister meint, dass die Banken im Wettbewerb mit externen Betreibern von Bankomaten Interesse haben müssten, weil sie selbst bekundet haben, keine Gebühren einzuheben.
SPÖ-Klubchef Andreas Schieder kämpft an der Seite von Stöger für ein Verbot von Bankomatgebühren per Gesetz: „Die österreichischen Banken müssten verstehen, dass das auch in ihrem Sinn ist.“ Ein Bankengipfel sei „ein sinnvoller Weg“, unterstreicht er. Schelling hat freilich schon Anfang Mai einen Bankengipfel einberufen. Ergebnis war damals, dass die Banken vorerst keine Bankomatgebühren planten.
Wiener Gebührenerhöhung akzeptiert
Die SPÖ-dominierten Arbeitnehmerorganisationen, die Arbeiterkammer mit Präsident Rudolf Kaske und der Gewerkschaftsbund mit Präsident Erich Foglar, haben das rote Koalitionsteam hinter sich. Karl Blecha, Chef des SPÖ-Pensionistenverbands, wird ohnehin seit Wochen nicht müde, für ein Gebührenverbot zu trommeln. Auffallend ist dabei, dass sich gegen die von der Stadt Wien angekündigte saftige Erhöhung der Gebühren, allen voran für das Parken, mit Hinweis auf die Teuerung weder in der SPÖ noch in der Arbeiterkammer oder im ÖGB ein ähnlicher Aufschrei erhoben hat. Dabei trifft die Wiener Gebührenerhöhung 2017 weitaus mehr Menschen als eine Bankomatgebühr.
Im Finanzministerium wird fast gebetsmühlenartig darauf hingewiesen, dass in Österreich vorerst nur ein US-Betreiber von Bankomaten mit 67 Standorten hierzulande eine Gebühr von 1,95 Euro verlange. Die Aufregung der SPÖ darüber kann man in der ÖVP nicht nachvollziehen. In der ÖVP werden die mit viel Nachdruck betriebenen Aktivitäten der SPÖ für ein gesetzliches Verbot von Bankomatgebühren als Ablenkungsmanöver von stockenden Reformplänen – Stichworte Wirtschaftsbelebung, Pensionen – angesehen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.09.2016)