Frankreich: Scientology darf nicht aufgelöst werden

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SCIENTOLOGY(c) EPA (Robin Utrecht)
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Selbst wenn die Organisation wegen Betruges verurteilt wird, verhindert eine "heimliche" Gesetzesänderung die Auflösung. Der Anwalt der Zivilkläger gegen Scientology zeigte sich "schockiert".

Scientology droht in einem in Frankreich laufenden Prozess nicht mehr die Auflösung. Eine Gesetzesänderung vom Mai untersage es Richtern, Sekten bei einem Schuldspruch in Betrugsverfahren aufzulösen, teilte die interministerielle Arbeitsgruppe zu Sekten (Milivudes) am Montag in Paris mit. Damit könne die in dem Prozess von der Staatsanwaltschaft verlangte Auflösung von Scientology nicht mehr durchgesetzt werden. Der Anwalt der Zivilkläger in dem Verfahren, Olivier Morice, zeigte sich "schockiert". Es gebe keinerlei Rechtfertigung für die Gesetzesänderung, die "heimlich und mit sofortiger Wirkung" erfolgt sei.

Scientology steht in Frankreich seit Ende Mai wegen "organisierten gemeinschaftlichen Betruges" vor Gericht. Der Organisation wird vorgeworfen, Anhänger psychisch unter Druck gesetzt zu haben, um sich an ihnen zu bereichern. Scientology weist die Vorwürfe zurück. Die Staatsanwaltschaft hatte am 15. Juni in dem Verfahren gefordert, die beiden Hauptorganisationen von Scientology in Frankreich aufzulösen und diese mit insgesamt vier Millionen Euro Strafe zu belegen. Das Urteil soll am 27. Oktober fallen.

Gesetz "so schnell wie möglich" ändern

Wer die Änderung veranlasst hat, ist unklar. Sie erfolgte im Zuge eines umfangreichen Gesetzes zur Rechtsvereinfachung, das am 12. Mai - also nur wenige Wochen vor dem Scientology-Prozess - angenommen wurde. Das Gesetzespaket war auf Initiative des Abgeordneten Jean-Luc Warsmann von der Regierungspartei UMP verabschiedet worden.

Die interministerielle Arbeitsgruppe zeigte sich "bestürzt" über die Änderung. Frankreich beraube sich damit eines Mittels, gegen Organisationen mit Sekten-Charakter vorzugehen, erklärte das Gremium. Die Änderung müsse deshalb "so schnell wie möglich" rückgängig gemacht werden.

Das Justizministerium erklärte, die Regierung wolle die Auflösungsmöglichkeit sobald wie möglich wieder ins Gesetz schreiben. Einen Termin dafür nannte ein Sprecher aber nicht. Damit war unklar, ob dies noch vor dem erwarteten Urteil erfolgen soll.

(Ag.)

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