Ein insolventes Hotel, empörte Milchbauern und ein toter Schubhäftling.
Salzburg. Das Wetter: regnerisch, düster und ziemlich kalt. Der Empfang: alles, nur nicht herzlich. Denn vor dem Tagungshotel in Salzburg nahmen Montagmittag empörte Milchbauern von der hiesigen Interessengemeinschaft Aufstellung – auf Traktoren sitzend und mit Transparenten ausgerüstet, die auf die angeblich ruinösen Marktpreise anspielten: „Politik ohne Hausverstand ruiniert den Bauernstand“, stand da etwa zu lesen. Es war ein Hilferuf, dem die Bundesregierung im Laufe des Tages noch Gehör schenken wollte.
Ins alles in allem recht unglücklich wirkende Bild passte, dass das farblose „Renaissance Hotel“ im tristen Salzburger Bahnhofsviertel, in dem sich diese Regierung zu ihrer zweiten Klausur versammelte, vor Kurzem Insolvenz anmelden musste. Doch so etwas wie Aberglaube ist dem Bundeskanzler zu seinem Glück ohnehin fremd. Ein böses Omen vielleicht? Wo denken Sie hin! Vizekanzler Josef Pröll feiere heute seinen 41.Geburtstag, sagte Werner Faymann frohen Mutes. „Das ist ein gutes Zeichen, das gleicht sich wieder aus.“
Die Gastgeberin, Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (SPÖ), sah das ähnlich und trällerte dem Geburtstagskind ungeniert ein Ständchen. Ihr Triumph war Burgstaller schließlich nicht mehr zu nehmen. Sie hatte sich in den vergangenen Tagen lokalpatriotisch ins Zeug gelegt, damit die Bundesregierung nicht wegen des insolventen Tagungshotels kurzerhand den Standort wechselt. Die Belegschaft dankte es ihr mit einem Blumenstrauß.
Die gute Laune hielt nicht lange an. Vor dem Start der ersten Arbeitssitzung ereilte die Ministerriege die Nachricht vom Tod eines indischen Schubhäftlings, der seinem Hungerstreik erlegen war. Innenministerin Maria Fekter erklärte, der Tod sei „sehr bedauerlich“. Das neue Fremdenrechtspaket wurde aber plangemäß beschlossen. Es betreffe den Punkt Hungerstreik auch nicht, betonte Fekter.
Tod nach Hungerstreik Seite 9
("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.09.2009)