Die einheitliche Mehrwertsteuer schafft erstmals einen echten Wirtschaftsraum.
Neu-Delhi. Für Europäer ist die Tragweite der Nachricht schwer zu ermessen: Der indische Präsident, Pranab Mukherjee, hat mit seiner Unterschrift einen Gesetzesentwurf für eine landesweit einheitliche Steuer auf Waren und Dienstleistungen abgesegnet. Für Indien ist das ein historischer Durchbruch. Die neue Mehrwertsteuer soll ein undurchschaubares Dickicht aus Zöllen, Steuern und Transportabgaben ablösen, die bisher jedes der 29 Bundesländer eigenmächtig festlegte. Das führte zu hohen bürokratischen Hürden und langen Wartezeiten an den Binnengrenzen. Damit verbunden: Korruption, hohe Kosten und gebremste Investitionstätigkeit.
Mit der neuen Steuer wächst der Subkontinent erstmals zu einem einheitlichen Wirtschaftsraum zusammen. Ökonomen erwarten sich einen Wachstumsschub zwischen einem halben und zwei Prozentpunkten jährlich in den ersten fünf Jahren nach Einführung. Dennoch dauerte das Tauziehen zwischen den Parteien und mit den Regionen mehr als zehn Jahre. Im Frühling stimmte das Unterhaus dazu, Anfang August auch der Kongress, der mehr als ein Jahr lang blockiert hatte. Die Einigung ist der erste große Reformerfolg der Regierung Modi. In Kraft treten soll die Steuer im April 2017. (red.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.09.2016)