Was „flexibel arbeiten“ alles sein kann

Arbeitszeitmodelle. Viele reden darüber, wenige wissen, was wirklich möglich ist. Auch hinter scheinbar altbekannten Varianten verstecken sich neue Details. Diese sind durchaus einen zweiten Blick wert.

Mehr und mehr Unternehmen denken darüber nach, flexible Arbeitszeitmodelle einzuführen. Für die Belegschaft klingt das meist abstrakt, weil sie nicht weiß, was sich dahinter verbirgt („Vertrauensarbeitszeit, das klingt doch gut“).

Grundsätzlich können Unternehmen zwei Wege gehen, um die personelle Flexibilität zu erhöhen. Sie können die Zahl der geleisteten Stunden der Arbeitsmenge anpassen (meist nach unten), und sie können die vorhandene Arbeit neu verteilen.

1. Anpassen der Stundenzahl: Wir lassen weniger arbeiten

Teilzeit: Früher bedeutete das meist, halbtags zu arbeiten. Heute geht viel mehr. Die Bandbreite reicht von geringfügiger bis zu vollzeitnaher Beschäftigung. Oder es wird in dichten Phasen viel gearbeitet, in lockeren das Guthaben aufgebraucht. Immer passt das Unternehmen seine Personalkapazität dem Arbeitsanfall an. Faustregel: Je mehr der Mitarbeiter mitreden kann, desto zufriedener ist er.

Jobsharing: Zwei Mitarbeiter teilen sich eine Vollzeitstelle – so kennt man Jobsharing. Heute teilen sich auch drei oder mehr Kollegen einen Job. Oder mehrere Jobs sind auf noch mehr Personen aufgeteilt. Von allen Varianten gelten Jobsharing und Teilzeit als die familienfreundlichsten.

Flexibler Pensionsübertritt: Altersteilzeit kennt drei Varianten. Bei der Blockvariante wird in der ersten Halbzeit wie bisher gearbeitet. In der zweiten Halbzeit ist der Mitarbeiter bezahlt freigestellt. Die Variante der gleichmäßigen Reduktion entspricht Teilzeit: Der Mitarbeiter arbeitet z. B. nur mehr halb. In Deutschland gibt es eine dritte Variante, die sukzessive Reduktion. Sie passt die Arbeitszeit der verringerten Leistungskapazität an. Zu Beginn arbeitet der Mitarbeiter noch voll, am Ende nur noch wenige Stunden. Dann gleitet er nahtlos in die Pension.

Wahlarbeitszeit: Leider sehr kompliziert in der Verrechnung: Der Mitarbeiter ändert seine Wochenarbeitszeit für einen definierten Zeitraum. Sein Gehalt ändert sich mit. Danach tritt wieder die frühere Vereinbarung in Kraft. Alternativ erkauft er sich so freie Tage, für die er kein Gehalt bezieht.

2. Anpassen der Arbeitsorganisation: Wir verteilen die Arbeit neu

Vertrauensarbeitszeit: Die modernste Variante: Nur das Ergebnis zählt. Der Mitarbeiter hat keine fixen Zeitvorgaben, er kann genauso gut daheim arbeiten. So einfach ist das aber nicht, weil der Gesetzgeber auf Ruhezeiten und Pausen besteht (Ausnahme: Leitende Angestellte). Letztlich muss doch wieder über die geleisteten Stunden Buch geführt werden. Vertrauensarbeitszeit braucht präzise Zielvereinbarungen.

Gleitzeit: In der Kernzeit (so vorhanden) sind alle Mitarbeiter anwesend. Alles darüber hinaus bleibt ihnen überlassen, Hauptsache, die Stundenzahl stimmt am Ende. Neu ist der Gedanke, dass sich auch Schichtarbeiter flexibel absprechen dürfen, wann sie ihre Schichten abtauschen. Das soll helfen, die eher ungeliebten Nachtstunden attraktiv zu machen.

Nacht- und Schichtarbeit: In Produktionsbetrieben, deren Maschinen nicht stillstehen dürfen, übernehmen mehrere Mitarbeiter nacheinander einen Arbeitsplatz. Die Nachtstunden werden mit Schichtzulagen versüßt, was die Sache für die Firma teuer macht.

Versetzte Arbeitszeit: Im Unterschied zur Schichtarbeit lösen einander die Mitarbeiter nicht ab, sondern arbeiten überlappend, manchmal kombiniert mit Teilzeit. Ideal etwa im Krankenhaus oder um Auftragsspitzen abzudecken.

Arbeit auf Abruf: Gearbeitet wird nur, wenn man angefordert wird, etwa um Störungen zu beheben. Äußerst kostengünstig für das Unternehmen, äußerst einkommensunsicher für den Mitarbeiter.

Durchrechnungszeitraum: 40 Wochenstunden maximal, 32 minimal: So sieht etwa ein Arbeitszeitkorridor aus, in dem sich die Mitarbeiter je nach Auslastung bewegen. Geeignet für Unternehmen mit schwankender Auftragslage und für Mitarbeiter, die mit ebensolchen Einkommen leben können.

Jahresarbeitszeit: Im Winter viel arbeiten, im Sommer wenig. So werden saisonale Schwankungen ausgeglichen. Hauptsache, am Jahresende stimmt der Saldo.

Sabbatical: Wer eine Auszeit braucht (für Kurse, Kinder oder Pflege), sammelt Mehrstunden oder verzichtet auf Gehaltsanteile. Punktet v. a. bei der Generation Y.

Langzeit- und Lebensarbeitskonto: Wird in Zeit oder Geld geführt. Beides wird angespart und z. B. in der letzten Karrierephase „ausbezahlt“. Attraktiv für Mitarbeiter, die in Lebensphasen denken und für Betriebe mit großen Auslastungsschwankungen über die Jahre.

(Print-Ausgabe, 10.09.2016)

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