Wahlkartentausch in Leopoldstadt

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Forderungen nach einer Verschiebung der Wahlwiederholung im zweiten Bezirk werden laut. Die Stadt lehnt ab, in Sonderschichten werden bis Sonntag Wahlkarten getauscht.

Wien. „Wir bleiben beim Sonntag.“ Das erklärte der Leopoldstädter Bezirkschef, Karlheinz Hora (SPÖ), der „Presse“ nur wenige Minuten, nachdem Innenminister Wolfgang Sobotka die Verschiebung der Bundespräsidentenstichwahl (auf 4. Dezember) öffentlich bekannt gegeben hatte. Wenig später wurde Horas Linie vom Ressort des zuständigen Stadtrats, Andreas Mailath-Pokorny, bekräftigt – womit die Diskussion in die nächste Runde ging.

Denn kurz zuvor hatte Neos-Klubchefin Beate Meinl-Reisinger eine Verschiebung der Wiederholung der Bezirksvertretungswahlen in der Leopoldstadt gefordert. Und das mit der Verschiebung der Präsidentenstichwahl begründet: „Das ist die richtige Entscheidung, nur so kann eine ordentliche Wahl gesichert werden“, so Meinl-Reisinger zu Sobotkas Entscheidung. Nachsatz: „Es ist absolut unverständlich, dass die Stadt Wien aber die Wiederholung der Bezirksvertretungswahl in der Leopoldstadt ausschließt, obwohl es da die ganz gleichen Probleme gibt.“ Wie „Die Presse“ berichtete, gibt es bei den Briefwahlkuverts in der Leopoldstadt dieselben Probleme wie bei der Bundespräsidentenwahl – stammen die Kuverts doch auch aus derselben Druckerei.

Neue Anfechtung möglich?

Die Neos haben deshalb am Samstag einen Brief an den Präsidenten des Landtags, Harry Kopietz, den zuständigen Stadtrat, Andreas Mailath-Pokorny, und die Klubobleute der anderen Parteien geschickt, um eine Verschiebung der für den nächsten Sonntag angesetzten Wahlwiederholung zu erreichen: „Sonst ist eine neuerliche Anfechtung der Wahl durchaus möglich“, so Meinl-Reisinger.

Seitens der Stadt wird allerdings betont, dass sich eine Verschiebung samt Fixierung eines neuen Wahltermins in der Leopoldstadt zeitlich nicht mehr ausgeht – wegen des gesetzlichen Fristenlaufs. Für eine Verschiebung müsste eine Landtagssitzung einberufen werden, Ausschüsse müssten tagen und entsprechende Beschlüsse gefasst werden. Im Büro von Mailath-Pokorny spricht man von einem Minimum von elf bis zwölf Tagen Vorlaufzeit, die dafür notwendig sind. Die Wahlwiederholung findet aber schon am Sonntag statt. Meinl-Reisinger ist hier anderer Meinung: „Wenn sich alle Fraktionen einigen, könnte das diese Woche noch realisiert werden.“

Sondereinsatz für 50 Beamte

Wie geht die Stadt nun mit dieser Situation um, damit nicht eine neuerliche erfolgreiche Wahlanfechtung im Raum steht? Die Wahl wird zwar am Sonntag stattfinden. Wer allerdings eine schadhafte Wahlkarte bekommen hat, kann sie (im Gegensatz zum Bund) umtauschen. Selbst dann, wenn sie bereits unterschrieben ist.

Falls sich der Kleber erst auf dem Postweg auflöst, womit die Wahlkarte ungültig wird, ohne dass der Wähler dies wissen kann, wird die betreffende Person von der Behörde verständigt, erklärt Christine Bachofner, Leiterin der MA 62 (Wahlen und Rechtsangelegenheiten). Dann wird eine Ersatzwahlkarte ausgehändigt. Dieses Austauschservice läuft bis „Samstag oder sogar Sonntag“ – dafür wurden zusätzliche 50 Mitarbeiter der Stadt abgestellt. Um welche Zahl es sich handelt, also wie viele Exemplare bei der Wahlwiederholung in der Leopoldstadt defekt sind, kann Bachofner noch nicht sagen.

Warum beschädigte Wahlkarten (im Gegensatz zur Präsidentenwahl) in Wien getauscht werden dürfen? Das Wiener Wahlrecht unterscheidet sich minimal in einem Punkt von der Wahlordnung des Bundes: Laut §41, Abs. 1 der Gemeindewahlordnung ist eine Wahlkarte als verschließbarer Briefumschlag herzustellen. Löst sich der Briefumschlag wegen des Produktionsfehlers auf, ist er laut Wiener Wahlordnung keine Wahlkarte – selbst wenn er schon unterschrieben ist. Somit hat der Betroffene (rechtlich gesehen) keine Wahlkarte erhalten, weshalb ihm eine Wahlkarte ausgestellt werden darf.

Auf einen Blick

Am Sonntag wird die Bezirksvertretungswahl in Wien-Leopoldstadt wiederholt – nachdem die Wahl vom 11. Oktober 2015 vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben worden war. Im Gegensatz zur Präsidentenwahl wird die Bezirkswahl nicht verschoben, bis Sonntag werden aber defekte Wahlkarten getauscht. Dann geht es um die Frage, wer den Bezirksvorsteher stellt und wer den Posten des Vize bekommt. Bei Letzterem lag die FPÖ nur 21 Stimmen hinter den Grünen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.09.2016)

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