Wahlverschiebung: Der Canossagang des Innenministers

Innenminister Wolfgang Sobotka.
Innenminister Wolfgang Sobotka.(c) REUTERS
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Wolfgang Sobotka nutzte seinen Auftritt, um sich bei den Bürgern und Kandidaten zu entschuldigen. Den Urnengang müsse man aber verschieben.

Wien. „Sitzung. Bitte nicht stören!“ steht auf dem Schild, das man vor dem Festsaal des Innenministeriums angebracht hat. Es ist freilich keine gewöhnliche Sitzung, die hier am Montagvormittag stattfindet – sondern die Pressekonferenz von Innenminister Wolfgang Sobotka, dem obersten Wahlleiter. An den Tagen zuvor haben Sobotka und seine Beamten sich zurückgezogen. Nur intern beraten, wie man mit den schlecht klebenden Wahlkarten umgeht. Nun stellt sich Sobotka wieder der Öffentlichkeit, begleitet von seinem Sektionschef für Recht, Mathias Vogl, und dem Bundeskriminalamt-Direktor, General Franz Lang.

„Ich möchte mich entschuldigen“, sagt Sobotka. Bei den Journalisten, weil man zuletzt keine Stellungnahme abgab. Bei jenen Leuten, die schon gewählt haben und nun feststellen mussten, dass ihre Stimme keine Gültigkeit hat. Und auch bei den beiden Kandidaten für die Bundespräsidentenwahl, weil deren Wahlkampf nun länger dauern werde als gedacht. Wolfgang Sobotka, sonst keiner, der für große Selbstzweifel bekannt ist, gibt sich diesmal demütig.

Der ORF überträgt die Pressekonferenz live, Sobotka scheint zu ahnen, wie sehr die Bevölkerung über die Wahlkartenprobleme den Kopf schüttelt. Er kann jetzt nur noch Schadensminimierung betreiben. Sobotka erklärt, dass es bei bisherigen Wahlen keine Probleme mit der Druckerei gegeben habe. Dass er rechtliche und personelle Konsequenzen nicht ausschließe. Aber an der Verschiebung der Wahl führe kein Weg vorbei.

Wie sehr die Republik blamiert ist, wird wieder klar, als ein deutscher Journalist nachfragt, ob nicht Österreichs Reputation unter der Affäre leide. Als zu einem späteren Zeitpunkt der Pressekonferenz verkündet wird, dass auch eine Klebertranche aus Deutschland schuld am Schlamassel mit den Wahlkarten sein könnte, bricht dementsprechend Lachen im Saal aus.

Der Nikolo und der Wahltermin

Sobotka selbst gibt sich zurückhaltend. Betont, dass er sich zwar wünsche, dass die inzwischen 16 Jahre alt gewordenen Jugendlichen bei der Hofburg-Wahl mitwählen sollen, dies aber das Parlament entscheiden müsse. Als Wahltermin wünscht sich der Innenminister den 27. November. Der 4. Dezember ginge zwar auch, aber an dem Tag gebe es in Österreich eben schon viele Nikolofeiern.

„Der Nikolo ist kein Argument, der Krampus ist ja schon gekommen“, wird später Neos-Klubchef Matthias Strolz ob der Wahlkartenprobleme sagen, als er nach Sobotkas Pressekonferenz wie die anderen Klubchefs zu Beratungen ins Innenministerium kommt. Tatsächlich wird am Ende der 4. Dezember als Wahltermin fixiert, Nikolo hin oder her.

Es dürfte Sobotkas geringste Sorge sein, solang die Wahl nur endlich korrekt durchgeführt werden kann.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.09.2016)

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