Abschied von der Lasche: Sobotka für neue Wahlkuverts

Wahlkuverts sollen in Zukunft anders aussehen.
Wahlkuverts sollen in Zukunft anders aussehen.(c) APA/GEORG HOCHMUTH
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Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) will wieder jene klassischen Umschläge für die Briefwahl einführen, die bis 2009 dafür genutzt wurden. Kein Wunder: Die Druckerei mit den Klebstoffproblemen hat ein Patent auf die Konstruktion der jetzigen Briefwahlkuverts.

Wien. Wolfgang Sobotka hat sie mitgebracht, zu Anschauungszwecken: Der Innenminister klappt sie auf, zu, wieder auf – demonstriert, dass sie sich nicht verschließen lassen. Auch die Lasche, „die nur in Österreich verwendet wird“, klebt nicht. Die Wahlkarte ist defekt.

Warum das so ist, ist noch immer unklar. Die Druckerei Kbprintcom, die rund 1,5 Millionen Wahlkuverts für die Hofburg-Stichwahl produziert hatte, legte dem Innenministerium zwar einen Bericht zu der Causa vor. Über die Gründe des Defekts kann aber auch dort nur gemutmaßt werden.

Für Innenminister Sobotka steht allerdings so oder so schon fest: Diese Wahlkuverts, diese Laschen – das soll es bei kommenden Wahlen nicht mehr geben. Er plädiert am Montag dafür, den früheren, klassischen Umschlag wieder einzuführen (siehe Seite 1). Am besten bereits bei der kommenden Hofburg-Stichwahl am 4. Dezember. Und dafür hat er gute Gründe.

Aber alles der Reihe nach: 2010 war es ausgerechnet Sobotkas Partei, die ÖVP, die mit dem Koalitionspartner SPÖ im Jahre 2010 die Lasche ins Gesetz schrieben: Mit der Neugestaltung der Briefwahl wurde damals im Parlament auch auf eine Forderung des Datenschutzrats eingegangen: Dieser kritisierte, dass auf dem äußeren Umschlag der Wahlkarte persönliche Daten der Wähler zu sehen waren – wie etwa die Unterschrift.

Also wurde ein neues Design für das Kuvert gesetzlich festgeschrieben: Eine Lasche verdeckt seitdem diese Informationen. Sie kann von den Wahlbehörden zur Identitätsfeststellung geöffnet werden, ohne dass der Verschluss der Wahlkarte darunter leidet. Zumindest in der Theorie.

Dass Sobotka nun die Normen für das Kuvert ändern will, überrascht nicht: Die Druckerei Kbprintcom ist österreichweit die einzige Firma, die die gesetzlich vorgeschriebenen Kuverts produzieren kann. Nun, da sich Sobotka von der Firma verabschieden will, muss er es auch vom Kuvertdesign tun. Die Staatsdruckerei soll nun mit der Herstellung beauftragt werden. Diese Direktvergabe sei wegen „Gefahr im Verzug“ rechtlich zulässig, argumentiert man im Innenressort.

„Beleimte Rückseite“

Und: Die Druckerei Kbprintcom hält seit 2011 sogar ein Patent auf ihre Konstruktion von Briefwahlkuverts. „Die Erfindung betrifft ein Kuvert mit einer übergroßen Lasche mit beleimter Rückseite, wobei der Leim mit Silikonpapier abgedeckt wird“, heißt es in dem Dokument. Übrigens: „Dass ein geeigneter Leim oder auch geeignetes Papier verwendet wird, ist für die Erteilung von diesem Patent unerheblich“, heißt es aus dem Patentamt.

Keine Hinweise auf Sabotage

Wie es zu der Klebstoffpanne kommen konnte, beschäftigt die Politik allerdings weiter: Das Innenministerium hat nicht nur das Bundeskriminalamt darauf angesetzt. Auch eine zweite Firma wurde mit der Suche nach den Ursachen beauftragt. Hinweise auf Sabotage oder kriminelle Vorgänge lägen derzeit keine vor. Auch die aufgetauchte Theorie, dass Hitzeeinwirkung schuld an den aufgegangenen Kuverts sein könnte, hat sich laut Bundeskriminalamt nicht bestätigt.

Übrigens: Die bereits zugestellten Wahlkarten sind obsolet – egal, ob der Kleber hält oder nicht. Man muss für den 4. Dezember auch erneut eine Wahlkarte bestellen. Diesmal wohl ohne Lasche.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.09.2016)

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