"Klebergate": Sobotka lässt gegen Hotline-Mitarbeiter ermitteln

Mitarbeiter der Ministeriums-Hotline sollen Anrufern geraten haben, schadhafte Wahlkuverts mit Uhu wieder zu verkleben.
Mitarbeiter der Ministeriums-Hotline sollen Anrufern geraten haben, schadhafte Wahlkuverts mit Uhu wieder zu verkleben. (c) imago
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Die Mitarbeiter sollen geraten haben, fehlerhafte Kuverts mit Uhu zu verkleben. Die beiden Kandidaten beugen sich - wenig erfreut - dem neuen Wahltermin.

Die Wiederholung der Stichwahl wird auf den 4. Dezember verschoben – und die Kür des österreichischen Staatsoberhauptes damit zu einem Rekord: Noch nie brauchte es vier Anläufe, um einen Bundespräsidenten zu wählen. „Es handelt sich um ein technisches Gebrechen, um höhere Gewalt“, fasste Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) Montagabend  in der ORF-Sendung „Report“ die Lage zusammen. Kurzum: Um eine Situation, „gegen die man sich nicht absichern kann“.

Es gelte nun, die Verantwortung für die nicht klebenden Wahlkartenkuverts zu übernehmen und dafür zu sorgen, dass die Fehler nicht wieder vorkommen. „Die Untersuchungen durch das Bundeskriminalamt haben ergeben, dass es drei Kleberlieferanten gegeben hat“, erläuterte Sobotka. Derzeit seien einige hundert Kuverts fehlerhaft, man könne aber nicht ausschließen, dass es tausende seien. Daher wäre es „unverantwortlich zu sagen: probieren wir es – man muss Flagge zeigen.“ Außerdem würde es sich schlichtweg zeitlich nicht ausgehen, alle Kuverts auszutauschen.

Wie es überhaupt zu dem „Klebergate“ kommen konnte, erklärte der Innenminister folgendermaßen: „Die Firma hat die Qualitätskontrolle offenbar nicht in dem Maße durchgeführt, wie es gehört hätte.“ Er jedenfalls habe sich das erwartet, immerhin habe die Druckerei auf Bundesebene schon siebenmal die Kuverts und Wahlkarten gedruckt. Dass Mitarbeiter der Ministeriums-Hotline Anrufenden geraten haben sollen, die fehlerhaften Kuverts mit Uhu-Stick zu kleben, kommentierte Sobotka folgendermaßen: „Es ist von Anfang an klar gestellt worden, dass das nicht nur ein Rechtsbruch ist, sondern auch strafrechtlich relevant. Es kommen dafür zwei Personen infrage.“ Gegen diese werde nun ermittelt.

Dass bei der Wiederholung der Stichwahl nun alle glatt laufen werde, konnte Sobotka nur hoffen. „Ich kann nicht gescheiter sein als die Juristen.“ Er gehe aber davon aus, dass die Wiederholung verfassungsrechtlich gedeckt sein werde.

Hofer: "Die Leute haben langsam genug"

Ebenfalls in den ORF-„Report“ war der FPÖ-Kandidat Norbert Hofer geladen. Er räumte neuerlich ein, mit dem neuen Termin nicht glücklich zu sein, da der Wahlkampf schon sehr lange dauere und man sich extra für den 2. Oktober entschieden hätte, um den Behörden ausreichend Zeit zur Vorbereitung einzuräumen. Diese habe aber offenkundig nicht gereicht. „Wenn dieselben Personen in der Privatwirtschaft arbeiten würden, die würden keinen Monat überleben“, kritisierte der Dritte Nationalratspräsident. Er aber werde dennoch versuchen, das Beste aus der neuen Situation zu machen und seine Kontakte zu Wirtschaftstreibenden intensivieren. Denn: „Ich werde versuchen, nicht permanent überall aufzutauchen, denn ich glaube, dass die Leute davon langsam genug haben.“

Dass er die Briefwahl abschaffen wolle, bestritt Hofer vehement. Vielmehr wolle er, „dass sie funktioniert“. Konkret: „Dass sichergestellt ist, dass die Stimme dort ankommt, wo sie ankommen soll“ – und zwar gültig und nicht mit offenem Kuvert. Weitere Kritik gab es von Hofer für das zuletzt von der vom Industriellen Hans Peter Haselsteiner initiierten Kampagne publizierte Video. Das sei gelinde gesagt geschmacklos, befand Hofer: „Was habe ich mit dem Zweiten Weltkrieg zu tun?“, fragt der 45-Jährige.

Van der Bellen kritisiert Informationsarbeit des BMI

Kurz nach Hofer fand auch sein Konkurrent, der von den Grünen unterstützte Alexander Van der Bellen den Weg in ein ORF-Studio, allerdings in die „ZiB2“. Dort danach gefragt, ob er von der Verschiebung profitieren würde – solche Vorwürfe sind bereits von freiheitlicher Seite erhoben worden – antwortet Van der Bellen: „Ich hätte gerne am 2. Oktober gewählt, glauben Sie mir. Nun haben wir zwei Monate mehr Zeit.“ Dass die Aufschiebung dem Image Österreichs schaden werde, wollte der frühere Grünen-Chef so nicht stehen lassen: „Lassen wir die Kirche im Dorf“, meinte er, „in einer Druckerei sind aus unerfindlichen Gründen Fehler entstanden“. Es sei daher richtig, dass die Wahl verschoben wird.

Kritik übte der 72-Jährige an der Informationsarbeit des Innenministeriums (BMI), „da hat es Pannen gegeben, das ist unbestreitbar“. Ebenfalls nicht erfreut zeigte er sich darüber, dass Österreich nun ein halbes Jahr lang ohne einen Bundespräsidenten auskommen müsse – die Angelobung wird aus derzeitiger Sicht frühestens im Jänner stattfinden können. Es sei ein Glück, „dass wir sechs Monate haben werden, in denen das nicht wahnsinnig auffällt, auf Dauer wird das aber nicht gehen“, so Van der Bellen überzeugt.

Der Zeitplan der Wahl-Verschiebung

Um die Bundespräsidenten-Stichwahl nicht wie geplant am 2. Oktober, sondern am 4. Dezember abhalten zu können, braucht es eine Novelle des Bundespräsidentenwahlgesetzes. Am Dienstag bringen SPÖ, ÖVP, Neos und Grüne im Nationalrat einen Initiativantrag ein. Dieser wird dem Verfassungsausschuss zugewiesen, der den Antrag am Donnerstag gutheißt. Sodann beschließt der Nationalrat am 21. September die Novelle. Es folgen eine Ausschusssitzung im Bundesrat und ein Beschluss des Bundesrats, der am 23. September erfolgen könnte. Am 24. oder 25. September soll das Gesetz dann vom Nationalratspräsidium in Vertretung des Bundespräsidenten beurkundet werden und am 26. September in Kraft treten.

Außerdem soll das Wählerregister aktualisiert werden, sodass auch jene abstimmen können, die seit der vergangenen (vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen) Stichwahl am 22. Mai 16 Jahre alt geworden sind. Dafür braucht es eine Zweidrittelmehrheit im Parlament.

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