Zwei Bulgarinnen im Clinch um UN-Führung

Unesco-Chefin Irina Bokowa und EU-Kommissarin Kristalina Georgiewa wollen gern nach New York wechseln.
Unesco-Chefin Irina Bokowa und EU-Kommissarin Kristalina Georgiewa wollen gern nach New York wechseln.(c) AFP
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Nach Irina Bokowa schielt auch EU-Kommissarin Georgiewa auf den Posten der UN-Generalsekretärin.

Wien/New York. Seit Monaten geben sich New Yorks Diplomaten lustvoll ihrem liebsten Gesellschaftsspiel hin. Sie suchen einen Nachfolger für den Südkoreaner Ban Ki-moon, der am 1. Jänner nach zehn farblosen Jahren und zwei uninspirierten Amtsperioden seinen Sessel als Generalsekretär der Vereinten Nationen räumt. Nicht weniger als zwölf durchaus namhafte Kandidaten haben sich beworben und Anhörungen gestellt. Doch das Feld lichtete sich auch nach vier Probeabstimmungen kaum, lediglich zwei Anwärter zogen sich zurück, zuletzt Christiana Figueres, Tochter des Ex-Präsidenten von Costa Rica.

Und als wäre das Gedränge nicht schon groß genug, könnte demnächst eine weitere Spitzendiplomatin in den Ring steigen: die bulgarische Vizepräsidentin der EU-Kommission, Kristalina Georgiewa. Seit Tagen verdichten sich die Gerüchte, die schon seit Beginn des Jahres kursieren. Mittlerweile ist darüber sogar ein offener Streit zwischen Deutschland und Russland entbrannt. Neulich hatte Maria Sacharowa, die scharfzüngige Sprecherin des russischen Außenministeriums, ausgeplaudert, dass die deutsche Kanzlerin Angela Merkel am Rande des G20-Gipfels in China beim russischen Präsidenten, Wladimir Putin, für Georgiewa geworben habe. Ihr Pendant im deutschen Außenamt, Martin Schäfer, warf umgehend die Dementi-Maschine an: „Von offizieller Seite Dinge in die Welt zu pusten, die objektiv falsch sind, das ist kein freundlicher Umgang.“ Sacharowa schoss am Dienstag scharf zurück – und zieh Schäfer der Lüge. In Diplomatenkreisen erzählt man sich, Putin habe der deutschen Regierungschefin sogar zugesagt, kein Veto gegen Georgiewa einzulegen. Allerdings unter einer Bedingung: dass der Deal nicht publik wird.

Die Angelegenheit ist auch aus einem anderen Grund delikat. Bulgarien hat bereits eine Bewerberin ins Rennen um den Posten des UN-Generalsekretärs ins Rennen geschickt: die Unesco-Chefin Irina Bokowa, die dem derzeitigen konservativen Premier Bojko Borissow allerdings ideologisch alles andere als nahesteht. Sie hat einen mächtigen Verbündeten: Der russischen Außenminister Sergej Lawrow ist ihr ehemaliger Studienkollege. Ließ er nun Georgiewa torpedieren? Und hatte Borissow ein Spiel über die deutsche Bande versucht?

Bokowa habe die "volle Unterstützung der Regierung", beteuerte Ministerpräsident Borissow am Dienstag in Sofia. Sollte sie aber nach der nächsten Wahlrunde nicht auf den ersten oder zweiten Platz kommen, "werden wir zusammen schauen, was wir tun". Zudem räumte der konservative Ministerpräsident ein, er hätte die Bewerbung Bokowas schon längst zurückgezogen, wenn sie nicht von der linksgerichteten Vorgängerregierung aufgestellt worden sei.

Diesmal, so sieht es ein informelles Rotationsprinzip vor, wäre ein Osteuropäer an der Spitze der UNO dran. Bokowa kam in der jüngsten Probeabstimmung jedoch nur auf den fünften Rang, noch hinter Vuk Jeremić (3.) und Srgjan Kerim, den ehemaligen Außenministern Serbiens und Mazedoniens. An zweiter Stelle landete der slowakische Außenminister Miroslav Lajčák, gegen den die Russen nichts, aber die Briten einiges einzuwenden haben. Bei allen Probeabstimmung im 15-köpfigen UN-Sicherheitsrat lag der vormalige UN-Flüchtlingshochkommissar, Antonio Guterres, vorn. Doch er ist Portugiese, kein Osteuropäer. Abgeschlagen der slowenische Präsident Danilo Türk, die frühere neuseeländische Premierministerin Helen Clark, die ehemalige moldauische Außenministerin Natalia Gherman und die argentinische Außenministerin Susan Malcorra, wobei manche offensichtlich nicht dem geografischen Anforderungsprofil entsprechen.

Das nächste Votum findet am 26. September statt. Am Ende darf kein ständiges Sicherheitsratsmitglied sein Veto einlegen. Noch im Oktober will Russland als Vorsitzland des Sicherheitsrats der Vollversammlung den oder die Nachfolgerin Ban Ki-moons präsentieren. Es wird einen Preis verlangen, wenn eine Bewerberin mit Westorientierung wie Georgiewa UN-Generalsekretärin werden soll.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.09.2016)

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