EU: Barroso sucht Österreichs Kommissar

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Der nächste EU-Kommissionschef heißt José Barroso. Im Oktober wird der neue österreichische Kommissar fixiert. Neben Molterer werden Ferrero und Plassnik gehandelt – und Maria Fekter.

WIEN/STRASSBURG(pö/mon/go/c.d.). Der nächste Präsident der EU-Kommission steht heute Mittag fest, heißen wird er aller Wahrscheinlichkeit nach José Barroso. Seine Parteifamilie, die Europäische Volkspartei (EVP), liberale und rechte EU-Parlamentarier haben ihm schon in den Vortagen eine Mehrheit zugesichert. Mit der Wiederwahl des konservativen Portugiesen ist auch das Rennen um den nächsten EU-Kommissar aus Österreich offiziell eröffnet. Amtsinhaberin Benita Ferrero-Waldner (ÖVP) bewirbt sich um den Unesco-Chefposten (siehe unten). Sollte sie scheitern, bleiben ihr in Brüssel Außenseiterchancen. Immerhin hat sie seit 2004 solide Arbeit geleistet, und sie könnte die Frauenquote in der neuen Kommission retten.

Inzwischen wird auch Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) in Wien als Kandidatin gehandelt: Sie käme in Brüssel für das gewichtige Ressort Justiz und Inneres infrage, heißt es. Dagegen spricht, dass Fekter gerade in Fragen der EU-Solidarität bei Flüchtlingen oder in der Asylpolitik immer auf die nationale Kompetenz gepocht hat. Bliebe sie in Brüssel dieser Linie treu, müsste die EU-Kommission eine Kehrtwende gegenüber ihren jüngsten Vorhaben vollziehen. Von der „Presse“ auf einen Wechsel angesprochen, sagt Fekter: „Ich spiele Bundesliga, nicht Landesliga und auch nicht Europa-Liga.“

Noch geringere Chancen als Fekter dürfte am Ende Exaußenministerin Ursula Plassnik (ÖVP) haben. In der Kanzlerpartei SPÖ gibt es große Bedenken. Denn Plassnik steht auf Kriegsfuß mit der „Kronen Zeitung“ – Negativkampagnen will die Regierung nicht riskieren. Und wie aus Brüssel immer öfter verlautet, muss es aus Österreich gar nicht mehr unbedingt eine Frau sein: Immerhin hat das Land in den vergangenen fünf Jahren bereits Ferrero-Waldner zum Drittelanteil „beigesteuert“.

Als Favorit gilt in der ÖVP, aber auch in Brüssel Exvizekanzler und -finanzminister Wilhelm Molterer. Für ihn spricht, dass er besonders vielseitig einsetzbar ist. Denn als Exumwelt- und -landwirtschaftsminister käme er vor allem als Umweltkommissar infrage, und auch auf das Agrarkommissariat – als Topressort – hat er Aussichten. Damit würde er eines der größten EU-Budgets neben jenem für die Regionen verwalten.

„Setzen auf mehrere Karten“

Dass es ein „großes“ Dossier im Kreis der derzeit 27 EU-Kommissare sein solle, war auch der Tenor von SPÖ und ÖVP bei ihrer Regierungsklausur am Dienstag in Salzburg. „Wir sind nicht auf Personen fixiert, wir setzen auf mehrere Karten, um gut bedacht zu werden“, sagte ein Insider. Am Donnerstag wird SPÖ-Kanzler Werner Faymann Kommissionschef Barroso in Brüssel treffen, um über die Nominierungen zu sprechen. Die SPÖ will den Job weiterhin der ÖVP überlassen, der ebenfalls im Gespräch gewesene ehemalige SPÖ-Kanzler Alfred Gusenbauer fiele damit aus.

DER FAHRPLAN

Am Mittwoch steht die Wiederwahl von Kommissionschef Barroso an. Bestätigen ihn EVP, Liberale und Tories, beginnt die Suche Barrosos nach einem neuen Team, das frühestens im November antritt.

Im Oktober werden die 27 EU-Länder fixieren, wen sie für die neue Kommission in Brüssel nominieren.

Scheitert der Lissabon-Vertrag am irischen Referendum am 2.Oktober, müsste mindestens ein Land auf einen Kommissar verzichten. Das verlangt der aktuelle EU-Vertrag von Nizza.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.09.2009)

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