Stadt Wien kommt auf Spitalsärzte zu

Sonja Wehsely und Thomas Szekeres
Sonja Wehsely und Thomas SzekeresAPA/HANS PUNZ
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Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely und das Präsidium der Ärztekammer haben vereinbart, in den kommenden zehn Tagen Gespräche über die strittigen Punkte zu führen.

Wien. Der anhaltende Kampfmodus der Wiener Spitalsärzte und die Ankündigung weiterer Streikmaßnahmen ab Ende September zeigen bei der Stadt Wien Wirkung. Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) lud das Präsidium der Wiener Ärztekammer am Mittwoch überraschend zu einem Krisengespräch, bei dem für die kommenden zehn Tage intensive Verhandlungen zwischen dem Krankenanstaltenverbund (KAV) und den Ärzten vereinbart wurden. Bisher hat Wehsely wiederholt gemeint, sie wolle das ausverhandelte Paket mit der Ärztekammer nicht wieder aufschnüren.

Beide Seiten betonten, dass das gut einstündige Gespräch sachlich und konstruktiv geführt worden sei. Wobei Kammerpräsident Thomas Szekeres anmerkte: „Die Fronten sind jetzt nicht ausdiskutiert worden, weil sonst das Klima wahrscheinlich gelitten hätte. Aber wir haben versucht, sachlich die Probleme anzusprechen.“ Wehsely habe die „Hauptforderungen der Ärzte bezüglich der einseitigen und aufgezwungenen Maßnahmen zur Kenntnis genommen“, nun müsse der KAV reagieren.

„Mit Nachdruck mitgeteilt“

Gemeint sind damit die Rücknahme der 40 Nachtdienstreduktionen (von insgesamt 350) in den Spitälern sowie der Stopp der Einführung von 12,5-Stunden-Schichtdiensten (statt 25-Stunden-Diensten) ohne die Zustimmung der betroffenen Ärzte. Die meisten Ärzte lehnen diese Schichtdienste ab, weil ihrer Meinung nach unter den vielen Dienstübergaben, bei denen es zwangsläufig zu Informationsverlusten kommt, die Patientenversorgung leidet. Szekeres: „Das haben wir der Stadträtin mit Nachdruck mitgeteilt.“ Der am Dienstag vom fraktionsübergreifenden Streikkomitee der Ärztekammer gefällte Streikbeschluss ab 26. September bleibt vorerst aber weiter aufrecht: „Für den Fall, dass es hier zu keiner Lösung kommt“, sagt Szekeres. Er hoffe aber dennoch, dass der KAV „alles daransetzt, um eine Lösung im Sinn der Ärzte- und Patientenschaft zu erreichen“.

Wehsely zeigt sich jedenfalls zuversichtlich: „Ich gehe davon aus, dass hier nach diesem heutigen Gespräch von allen Seiten die Lösung gesucht wird und nicht das Problem. Und wenn man die Lösung finden will, bin ich ganz überzeugt davon, dass man sie auch finden wird.“ Nun müsse man „ganz sachlich“ herausfinden, wo es Bedenken gebe. Wobei diese nicht nur angehört, sondern konkret miteinander angeschaut werden sollten, um „dann entweder die Bedenken ausräumen zu können oder Veränderungen vorzunehmen“.

Erste Verhandlungen am Mittwoch

Mit den vereinbarten Gesprächen zwischen dem KAV und den Ärzten wurde schon am Mittwoch bei einem bereits anberaumten Termin, begonnen. Am Nachmittag trafen sich Mitglieder der Kammer, Personalvertreter aus den Wiener Spitälern und die Leitung des KAV.

Das Gespräch wurde am späten Nachmittag unterbrochen und soll heute, Donnerstag, ab 10.30 Uhr fortgesetzt werden. Zu den weiteren Forderungen der Ärzte gehört im Übrigen ein „Bekenntnis zur Ausbildung in den Gemeindespitälern“ (zuletzt wurde wiederholt beklagt, dass Turnusärzte in Wiener Spitälern wegen Personalmangels nicht mehr angemessen ausgebildet werden können) sowie die Umsetzung der vereinbarten Strukturmaßnahmen – etwa des Ausbaus der Notaufnahmen. Denn es gebe zu wenige Aufnahmen, in denen auch Betten zur stationären Aufnahme vorhanden seien.

Für diese Forderungen und gegen das „Herunterfahren des öffentlichen sozialen Gesundheitssystems“ hatten am Montag rund 2000 Spitalsärzte vier Stunden lang gestreikt.

AUF EINEN BLICK

Gespräch. Bei einem Krisentreffen zwischen Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely und dem Ärztekammerpräsidium wurde am Mittwoch vereinbart, dass in den kommenden zehn Tagen intensive Verhandlungen über die Forderungen der Ärzte geführt werden. Zu den Hauptforderungen gehören die Rücknahme von Nachtdienstreduktionen und der Stopp der Einführung von 12,5-Stunden-Schichtdiensten. Sollten die Gespräche ohne Ergebnis bleiben, wollen die Ärzte ab 26. September erneut streiken.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.09.2016)

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