Wie einst Edmund Stoiber spielt CSU-Chef Horst Seehofer mit der Idee, als Superminister nach Berlin zu gehen – oder den Kronprinzen Markus Söder wegzuloben.
Wien/München. In Bayern ist die Zeit der Bierfeste angebrochen, in denen die Politiker den Puls des Volks zu ertasten suchen und sich der Unmut über die Flüchtlingspolitik Angela Merkels besonders laut und derb artikuliert. Insbesondere die CSU-Spitzen tingeln derzeit durch die Bierzelte des Freistaats, und aus Angst vor der rechtspopulistischen AfD als Konkurrenz von rechts wälzen die CSU-Strategen um Parteichef Horst Seehofer längst Überlegungen für die Bundestagswahl in einem Jahr und vor allem für die Landtagswahl in zwei Jahren.
So ließ Seehofer unlängst aufhorchen, als er nicht mehr ausschloss, erneut als Spitzenkandidat in Bayern zu kandidieren. Ursprünglich hatte er ja angekündigt, vor der bayerischen Wahl als Ministerpräsident abzutreten und aus der Politik auszuscheiden. Nun erwägt der 67-Jährige, vielleicht doch noch einige Jahre anzuhängen – entweder in München oder gar in Berlin.
Die „beste Formation“
Die CSU, so die Devise bei der CSU-Klausur im Kloster Schwarzenfeld, müsse bei der Bundestagswahl in einem Jahr mit der „besten Formation“ antreten. Womöglich könnte Seehofer selbst als CSU-Spitzenmann, als Superminister und „Merkel-Aufpasser“ in die Berliner Politik zurückkehren – eine Spekulation, die Seehofer selbst anstellte. Dies war 2005 auch der Masterplan Edmund Stoibers. Seine Absage nach langwierigem Hin und Her markierte den Anfang vom Ende der Ära Stoiber.
In München sind die Diadochenkämpfe um Seehofers Nachfolge längst im Gange. Der Parteichef würde am liebsten seinen ungekrönten – und ungeliebten – Kronprinzen Markus Söder nach Berlin wegloben. Doch der Finanzminister sträubt sich gegen die Rochade, wie auch Wirtschaftsministerin Aigner oder Innenminister Herrmann.
Derweil geben Seehofer und seine CSU den Ton in der deutschen Politik an. Mit einem harten Kurs versuchen sie die Schwesterpartei CDU in der Flüchtlingspolitik vor sich herzutreiben und der AfD den Wind aus den Segeln zu nehmen. Seehofers Vorschlag einer Fusion von ARD und ZDF sorgte indessen nur für Kopfschütteln.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.09.2016)