Koalition stellt Kindergeld auf neue Beine

(c) APA (Helmut Fohringer)
  • Drucken

SPÖ und ÖVP haben bei der Regierungsklausur die letzten Details der Reform vereinbart. Fünf Varianten ab Jänner 2010 – der Zuschuss muss nicht mehr zurückgezahlt werden.

SALZBURG. Die großen Überraschungen blieben auch am zweiten Tag der Regierungsklausur in Salzburg aus: kein Statement zur ÖIAG, kein Wort zum ORF, keine Namen in Bezug auf Österreichs künftigen EU-Kommissar. Stattdessen arbeitete die Koalition ihr Plansoll ab, das für Dienstag ein zuletzt ziemlich umstrittenes Thema vorsah: die Neustrukturierung des Kindergeldes. Und weil Klausuren so etwas wie eine wundersame Wirkung haben, durften Familienstaatssekretärin Christine Marek (ÖVP) und Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) am späten Vormittag eine Einigung verkünden.

Der letzte Streitpunkt ist damit ausgeräumt. Denn der Zuschuss zum Kindergeld, 180 Euro pro Monat, wird von einem Darlehen in eine Beihilfe umgewandelt – und muss künftig also nicht mehr zurückgezahlt werden. Die Voraussetzung dafür: Das persönliche Jahreseinkommen darf nicht höher sein als 5008 Euro (das 14-Fache der Geringfügigkeitsgrenze von 357,74 Euro monatlich), das des Partners die Summe von 16.200 Euro nicht übersteigen. Die Beihilfe wird aber nur mehr ein Jahr gewährt und nicht mehr die gesamte Karenzzeit.

Neue Variante nach Einkommen

Die wesentlichen Punkte bei der Kindergeldreform bleiben gegenüber dem Entwurf unverändert. Zu den bestehenden Pauschalvarianten (siehe Grafik) kommt eine vierte hinzu. Nämlich: zwölf plus zwei Monate zu je 1000 Euro. Außerdem wird das einkommensabhängige Kindergeld eingeführt, bei dem 80 Prozent des letzten Nettoeinkommens ausbezahlt werden – mindestens 1000 Euro, maximal 2000 Euro.

Bei Mehrlingsgeburten gibt es einen 50-Prozent-Zuschlag pro Kind und Monat – das einkommensabhängige Modell ausgenommen. Bisher schoss der Staat einen Monatsfixbetrag von 218 Euro zu.

Die Zuverdienstgrenze wird bei allen Pauschalmodellen flexibilisiert und darf künftig auch über 16.200 Euro liegen, wenn der Elternteil zuvor ein hohes Einkommen zur Verfügung hatte. Als Alternative wird demnach ein Zuverdienst von 60 Prozent des letzten Einkommens möglich sein. Und: Alleinerziehende dürfen das Kindergeld zwei Monate länger beziehen als Paare – allerdings nur, wenn sie in einer sozialen Notlage sind. Sprich: wenn das Monatseinkommen unter 1200 Euro liegt, wenn der Partner verstirbt, schwer erkrankt oder im Gefängnis ist.

Die Regierung erhofft sich von den Neuerungen, speziell vom einkommensabhängigen Kindergeld, einen rapiden Anstieg der Väterkarenz – und zwar bis zu „20 Prozent“, wie Heinisch-Hosek sagte. Derzeit liegt der Gesamtschnitt bei gerade einmal fünf Prozent.

Die Reform des Kindergeldes soll laut Marek kostenneutral erfolgen. Das einkommensabhängige Modell verursache zwar neue Kosten, dafür brächten die Änderungen beim Zuschuss Einsparungen mit sich. Insgesamt verschlingt das Kindergeld eine Milliarde Euro pro Jahr.

Die Neuerungen treten mit 1. Jänner 2010 in Kraft. Einzige Ausnahme: Beim einkommensabhängigen Kindergeld können Anträge bereits für Kinder gestellt werden, die ab dem 1. November 2009 (Stichtag) geboren werden.

Den Abschluss der Klausur bildete zu Mittag eine Pressekonferenz von Kanzler und Vizekanzler mit der Salzburger Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (SPÖ) und ihrem Stellvertreter Wilfried Haslauer (ÖVP). Finanzminister Josef Pröll zog dabei eine „positive Bilanz“, weil „kein Änderungsbedarf im Budget“ entstanden sei, obwohl „große Ecksteine aus dem Weg geräumt wurden“. Kanzler Werner Faymann fasste es so zusammen: „Wir haben nicht viel versprochen, wie es unsere Art ist, aber dann doch viel gehalten.“

Kassen wollen mehr Geld

Die von der Bundesregierung am Montag fixierte Finanzspritze für die Krankenkassen von 600 Millionen Euro bis 2012 – geknüpft an Einsparungen – reicht dem Hauptverband der Sozialversicherungen nicht. Deren Chef Hans-Jörg Schelling forderte im ORF-Radio vom Bund auch eine Gegenfinanzierung für von der Koalition beschlossene Maßnahmen wie die Obergrenze für Rezeptgebühren.

AUF EINEN BLICK

Bei ihrer Klausur in Salzburg hat sich die Regierung am Dienstag auf eine Neuregelung des Kindergeldes ab Jänner 2010 geeinigt: Es wird vier Pauschalvarianten und das einkommensabhängige Modell geben. Nach einer Einigung am Montag über ein strengeres Asylrecht und über eine Finanzspritze von 600 Millionen Euro für die Krankenkassen, wenn diese Einsparungen nachweisen, wurden am Dienstag auch noch erste Schritte zu einer Verwaltungsreform präsentiert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.09.2009)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.