Striktere Regeln bei Wahlkarten

FPÖ-Rechtsvertreter Dieter Böhmdorfer
FPÖ-Rechtsvertreter Dieter BöhmdorferAPA/HERBERT NEUBAUER
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Ob mit Hilfe einer Sekretärin oder eines Pflegers: Wer die Wahlkarte nicht selbst anfordert, handelt illegal. Spitäler und Seniorenhäuser müssen die Praxis überdenken.

Wer selbst keine Wahlkarte beantragen könne, sei von von dieser Wahlvariante ausgeschlossen. „Das sagt nicht der Böhmdorfer, das sagt der Verfassungsgerichtshof.“ Mit diesen Worten weist der Anwalt der FPÖ bei der vergangenen Wahlanfechtung, Dieter Böhmdorfer, darauf hin, dass Wahlkartenanträge persönlich unterschrieben sein müssen. Das habe der Verfassungsgerichtshof (VfGH) in seinem Erkenntnis klargestellt, sagte Böhmdorfer anlässlich eines Vortrags zur Wahlaufhebung im Rahmen des Anwaltclubs Justitia am Mittwochabend.


Die Neuerung dürfte vor allem Spitäler und Seniorenhäuser betreffen und dort jene Personen, die selbst nicht (mehr) schreiben können. Aber auch andere. So sei es nun als Arbeitgeber nicht mehr möglich, seine Sekretärin um Beantragung der Wahlkarte zu ersuchen. Er selbst habe das in der Vergangenheit auch schon getan, weil er nicht gewusst habe, dass dies unzulässig ist, sagte Böhmdorfer.


Böhmdorfers Erörterungen war eine Frage aus dem Publikum von Dietbert Kowarik, FPÖ-Gemeinderatsabgeordneter und Mitglied der Wiener Landeswahlbehörde, vorangegangen. Kowarik berichtete, dass es in Heimen und Spitälern in der Vergangenheit vorgekommen sein soll, dass Leute, die sich nicht mehr äußern können, gefragt wurden, ob sie wählen wollen. Und falls ja, dann ein Aktenvermerk gemacht werde, dass diese Person votieren will und die Wahlkarte mit Hilfe des Heims oder Spitals beantragt wurde. Auch Böhmdorfer erklärte darauf, es solle sogar schon Wahlkartenbestellungen gegeben haben, bei denen auf 60 Wahlkarten die selbe Unterschrift gefunden wurde.

VfGH: Wahlkarte Teil des Wahlvorgangs


Doch was hat der VfGH genau gesagt? Die zentralen Passagen dazu finden sich bei den Randzahlen 155 und 168 im Erkenntnis. Darin betonen die Richter, dass es sich „bei der Beantragung der Wahlkarte sowie der Abgabe der eidesstattlichen Erklärung um untrennbare Teile des gesamten Wahlvorganges handelt“. Sowohl die Beantragung der Wahlkarte als auch die Abgabe der eidesstattlichen Erklärung müssten ebenso wie die Stimmabgabe zwingend durch den Wahlberechtigten selbst erfolgen, erklärt der VfGH in seinem Erkenntnis.


Bleibt die Frage, ob Pfleger in der Vergangenheit wirklich unrechtmäßg bei der Wahlkarte nachgeholfen haben. „Es ist eine inakzeptabele Unterstellung, dass das Pflegepersonal oder Hausleitungen nicht wahlrechtskonform vorgehen und somit die Demokratie aushöhlen“, meint dazu etwa Gabriele Graumann, Geschäftsführerin des Kuratoriums Wiener Pensionisten-Wohnhäuser. In den Häusern des Kuratoriums leben 9000 Personen. Der Großteil der Bewohner geht laut dem Kuratorium persönlich zur Wahlurne, zumal in den meisten Häusern ohnedies ein Wallokal eingerichtet werde. Dann gebe es eine kleiner Gruppe von Bettlägrigen die gar nicht wählen. Und nur eine ganz kleine Gruppe würde per Wahlkarte wählen.

Wenn der Wähler nicht schreiben kann?


In der Regel werde diese vom Betroffenen selbst beantragt. Bei nicht schreibfähigen Personen gehe man aber so vor: Es werde klargestellt, dass die betreffende Person zweifelsfrei erkennbar eine Wahlkarte beantragen will. Falls ja, werde der Wille zur Teilnahme dokumentiert, dazu kämen auch Bedienstete des Magistratischen Bezirksamtes ins Haus. Und die Person erhalte so eine Wahlkarte.
Auch seitens des Wiener Krankenanstaltenverbunds heißt es, dass man in solchen Fällen bisher die Willenserklärung des Betroffenen vor Zeugen dokumentiert hat. Und dann bei der Beantragung der Wahlkarte geholfen hat.


Genau diese Vorgangsweisen dürften aber zumindest künftig nicht mehr zulässig sein, wie auch Verfassungsjurist Bernd-Christian Funk bestätigt. Nur, wer eine Wahlkarte selbst beantragen könne, dürfe mit ihr wählen. Für andere Personen gebe es aber die Möglichkeit der fliegenden Wahlkommission (also, dass die Wahlbehörde direkt zum Wähler kommt). Bei dieser Variante sei es dann auch möglich, dass betagte Wähler sich von Vertrauenspersonen helfen lassen können.


Dass die Wahlkarte höchstpersönlich zu beantragen ist, „müsste schon vor dem VfGH-Erkenntnis klar gewesen sein“, meint Funk. Nun habe es das Höchstgericht aber jedenfalls klar gestellt.

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