SPÖ-Geschäftsführer: "Wir lassen uns nicht von der ÖVP papierln“

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Niedermühlbichler
SPÖ-Bundesgeschäftsführer Niedermühlbichler(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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„Presse“-Gespräch. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Niedermühlbichler warnt den Koalitionspartner, nicht Staatsaffären aus Kerns Wirtschaftsideen zu machen. Verweigert die ÖVP Verhandlungen, dann würden daraus Wahlkampfthemen.

Wien. „Das werden sie aushalten müssen.“ Aus seiner Verärgerung über die Attacken der ÖVP auf Bundeskanzler SPÖ-Chef Christian Kern – wegen einer Lockerung des EU-Sparkurses und der Wertschöpfungsabgabe – macht SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler kein Hehl. Im Gespräch mit der „Presse“ verwahrt er sich dagegen, dass der Koalitionspartner verbieten will, Positionen und Ideen zu formulieren. Die SPÖ sei „kein Befehlsempfänger“ und lasse sich nicht von der ÖVP sagen, „dass das ungehörig ist“. Warnend ergänzt er: „Wir lassen uns nicht papierln.“

Niedermühlbichler hält das Vorgehen der ÖVP für unangebracht, weil die SPÖ etwa auf die Vorschläge von schwarzen Regierungsmitgliedern im Sommer für ein Burka-Verbot oder Verschärfungen des Asylrechts ganz anders reagiert und sich bereiterklärt habe, offen darüber zu diskutieren. Von ÖVP-Ministern werde das permanent gemacht, „und wenn von uns etwas kommt, ist das linke Ideologie“ verbunden mit dem Vorwurf, „wir wären darauf aus, die Regierung zu sprengen“.

Er stehe dazu, das Regierungsprogramm „professionell und unaufgeregt“ abzuarbeiten. Als Beispiel nennt er die Asyl-Notverordnung, die seine Partei wie vereinbart mittrage. Daneben müsse es jedoch möglich sein, eigene Konzepte vorzulegen und zu diskutieren: „Da soll man nicht gleich eine Staatsaffäre daraus machen.“

Gegen vorzeitige Neuwahlen

Der SPÖ-Geschäftsführer stellt klar, auch wenn die ÖVP meine, Kern lege es auf Neuwahlen an, dass er gegen vorzeitige Wahlen vor 2018 sei. Wenn sich der Koalitionspartner allen Diskussionen und Verhandlungen etwa über eine Wertschöpfungsabgabe oder mehr Investitionen in der EU verweigere, „dann wird es halt ein Wahlkampfthema werden“. Er vermutet freilich: „Wenn's für die ÖVP ein Problem gibt, ist es, dass die SPÖ mit Christian Kern ein neues Selbstbewusstsein hat.“

Schon gar nicht versteht er den ÖVP-Widerstand gegen SPÖ-Pläne für eine „faire Beitragsgestaltung“ für das Sozialwesen und ein gerechteres Steuersystem. Großkonzerne würden trotz hoher Gewinne zu niedrige Beiträge leisten, Klein- und Mittelbetriebe müssten „einen überbordenden Anteil zahlen“. Da könne die ÖVP „nicht ernsthaft dagegen sein“. Er verweist auf eine Aussage des früheren Wirtschaftsbund-Generalsekretärs und jetzigen Zweiten Nationalratspräsidenten, Karlheinz Kopf (ÖVP), von Juli 2007 in der „Presse“: „Bei den Betrieben wird es in Richtung Wertschöpfungsorientierung gehen müssen. Es kann ja nicht sein, dass die personalintensiven Unternehmen das Gesundheitswesen allein tragen.“

Niedermühlbichler nimmt den Koalitionspartner bei flexiblen Arbeitszeiten in die Pflicht. Es müsse ebenso über Verteilung der Arbeit und Arbeitszeitverkürzung verhandelt werden. „Die ÖVP verweigert sich einfach. So kann es halt nicht gehen, dass man sich nur das Zuckerl für sich selbst herausnimmt.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.09.2016)

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