Eine Woche nach dem Hubschrauberabsturz taucht ein Bescheid auf. Demnach sind am Unfallort Starts nur bis 16 Uhr erlaubt. Arch flog nach 21 Uhr los – und in den Tod.
Heiligenblut/Wien. Die ersten Gerüchte tauchten bereits zu Beginn dieser Woche in mehreren Internetforen auf, die Kärntner „Kleine Zeitung“ ging der Sache nach, und seit Freitag gibt es die Bestätigung aus dem Amt der Landesregierung: Der am Donnerstag vor einer Woche verunglückte Kunstflieger und Extremsportler Hannes Arch hätte in der Nacht des tödlichen Hubschrauberabsturzes gar nicht fliegen dürfen.
Basis für das angesichts der Ereignisse beinahe schon zynisch anmutende Faktum ist der Umstand, dass in der besonders geschützten Kernzone des Nationalparks Hohe Tauern strenge Regeln in Bezug auf den Flugbetrieb gelten. Hannes Arch war im Frühling 2016 ein Bescheid zugestellt worden der ihm erlaubte, die Elberfelder Hütte im Zeitraum zwischen 9 und 16 Uhr anzufliegen, also dort, auf einem eigens markierten Platz, innerhalb dieses Zeitrahmens zu landen und zu starten. Nach derzeitigem Kenntnisstand hob Arch am 8. September jedoch erst kurz nach 21 Uhr dort ab. Mit an Bord war ein Freund, der Hüttenwirt, der den folgenden Absturz schwer verletzt überlebte.
Auch wenn der 48-Jährige gegen die ihm auferlegten Regeln verstieß: Die Ursache für den Unfall klärt das freilich nicht. Nach dieser wird derzeit in einer Lagerhalle im 21. Wiener Gemeindebezirk gesucht. Experten der Flugunfallkommission des Verkehrsministeriums haben dort Hunderte Einzelteile des Wracks zur genauen Untersuchung aufgelegt. Der Leiter des Teams, Peter Urbanek, bekommt dabei Unterstützung von einem Sachverständigen des Gerichts. Gemeinsam untersuchen sie die Technik des Helikopters, die Umstände des Fluges und eben auch die rechtlichen und formellen Rahmenbedingungen.
„Versichert, sich an Vorgaben zu halten“
Dabei werden die Experten auch feststellen, dass Arch besagten Bescheid des Landes Kärnten deshalb bekam, weil dieser darum angesucht hatte, private Versorgungsflüge für den Hüttenwirt durchführen zu dürfen. Es gab sogar noch weitere Auflagen. Die Flüge zur Elberfelder Hütte durften nur im Zeitraum von Mitte Juni bis Mitte September stattfinden und waren auf insgesamt höchstens drei limitiert. Zudem war der Pilot dazu verpflichtet, sich vor jedem Flug einen schriftlichen Wetterbericht für die Region zukommen zu lassen. „Arch hat uns damals versichert, sich an unsere Vorgaben halten zu wollen“, erklärte der zuständige Abteilungsleiter im Amt der Kärntner Landesregierung, Albert Kreiner, der „Presse“.
Warum er es dieses Mal nicht tat, ist neben der Unfallursache ein weiteres Rätsel. Laut Kreiner würden Helikopterpiloten die Hochgebirgsregion rund um den Großglockner seit jeher nachts meiden. „In diesem Gelände ist es dann kaum möglich, die Konturen der Umgebung zu erkennen.“
Außerdem muss Arch im Bewusstsein gestartet sein, dass ihm bei Bekanntwerden des Flugs der Entzug der Pilotenlizenz droht. Bei solchen Verstößen – die bis zu 22.000 Euro hohe Verwaltungsstrafen nach sich ziehen können – beantragt die zuständige Landesregierung nämlich stets ein Verfahren bei der Austro Control, um die Verlässlichkeit des Piloten zu überprüfen. Warum Vielflieger Arch auch dieses letzte Risiko seines Lebens nahm, wird sich wohl nie aufklären.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.09.2016)