Die Rolle der Präsidenten

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Es ist mehr als ein Nebenjob – an die 600 Akten haben die drei Präsidenten des Nationalrats in Vertretung des Bundespräsidenten schon unterschrieben. Einig waren sich sich dabei nicht immer – es kam auch schon zu Kampfabstimmungen.

Der Platz in der Hofburg bleibt bis auf Weiteres verwaist. Länger als geplant, vermutlich bis Jänner, muss das Land ohne Bundespräsidenten auskommen. Und bis dahin müssen die Präsidenten des Nationalrats – Doris Bures (SPÖ), Karlheinz Kopf (ÖVP) und Norbert Hofer (FPÖ) – die Aufgaben des Staatsoberhaupts im Nebenjob mit erledigen, so wie das in der Verfassung vorgesehen ist.
Einen Teil der Aufgaben jedenfalls. Gleich zu Beginn hat sich das Nationalratspräsidium darauf verständigt, auf Repräsentationsauftritte zu verzichten und nur die gesetzlich zwingenden Aufgaben zu übernehmen. Keine Staatsbesuche also, keine Eröffnungsreden, keine Ansprachen an die Nation. Aber auch so bleibt genug zu tun für die drei Politiker. Denn der Bundespräsident hat eine öffentlich weitgehend unbeachtete, aber nicht unwesentliche Rolle im bürokratischen Ablauf. Gesetze und Staatsverträge müssen unterschrieben werden, die Ernennung von Spitzenbeamten wandert über den Schreibtisch des Präsidenten, und er hat über Begnadigungen zu entscheiden. Und es gibt auch Kurioses: Der Bundespräsident muss den Urlaub des Verfassungsgerichtshof-Präsidenten genehmigen.

Die Mitarbeiter in der Präsidentschaftskanzler betreiben unterdessen Business as usual: Akten werden vorbereitet und auf elektronischem Weg ins Parlament weitergeleitet. Dort werden sie von allen drei Präsidenten gelesen. Danach erfolgt eine elektronische Abstimmung, bei der die Mehrheit entscheidet – sprich: Zumindest zwei müssen zustimmen. Die formale Unterschrift leistet dann Doris Bures in ihrer Funktion als Erste Präsidentin.

Das Verhältnis unter den drei Präsidenten wird als amikal beschrieben, was aber nicht bedeutet, dass sie immer einer Meinung sein müssen. Es gab auch schon Fälle, die nicht einstimmig entschieden wurden. Veröffentlicht wird das Votum aber nicht. Und auch die Prag-Reise von Norbert Hofer, bei der nicht klar war, in welcher Funktion dieser den tschechischen Präsidenten, Miloš Zeman traf, sorgte für einige Verstimmung. Bures wies öffentlich darauf hin, dass Hofer nicht als Parlamentspräsident unterwegs war, und bat den freiheitlichen Präsidentschaftskandidaten brieflich um mehr Sensibilität.

Selbstkontrolle. An die 600 Unterschriften hat Bures bisher geleistet. Damit handelt es sich um alles andere, als eine Aufgabe, die einfach so nebenbei erledigt werden könnte, heißt es aus dem Büro von Doris Bures. Denn natürlich gehe es nicht darum, einfach zu unterzeichnen, es müssten schon auch die Akten dazu studiert werden.
25 Gesetze wurden bisher unterschrieben, wobei diese Aufgabe einigermaßen kurios ist: Die Parlamentspräsidentin beurkundet damit, dass das Parlament (und damit auch deren Präsidenten) gesetzeskonform vorgegangen ist. Was die eigentlich damit vorgesehene Kontrolle ad absurdum führt. Weiters wurde ein Staatsvertrag unterzeichnet, nämlich das Klimaschutzabkommen von Paris. 40 Straftäter durften sich über Gnadenakte freuen, wobei es da nicht nur um vorzeitige Entlassungen geht, sondern auch um die Streichung aus dem Vorstrafenregister. Und fünf Botschafter werden Anfang Oktober ihre Ernennungsurkunde erhalten.

Repräsentationsaufgaben wollten die Nationalratspräsidenten zwar keine übernehmen – in der Praxis fallen derartige Auftritte aber trotzdem an: Da es keinen Bundespräsidenten gibt, wird eben die Nationalratspräsidentin vermehrt gebeten, diese Aufgaben zu übernehmen. So hat Doris Bures in diesem Sommer die Eröffnungsrede bei den Salzburger und den Bregenzer Festspielen gehalten und das paraolympische Team verabschiedet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.09.2016)

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